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da Frl. v. Tigerström uns noch nicht erwartet hatte u. zu Frau Charlotte Schmitt gegangen war. Zum Glück kam sie dann bald, – auch hatte sie geheizt, worüber wir sehr froh waren. – Bei der inzwischen eingegangenen Post war ein Brief von Fritz, ferner ein Buch: Ernst Jünger, „Geheimnisse der Sprache“, als Ostergeschenk für mich, worüber ich mich besonders freute, u. dann noch ein wundervolles Engel=Buch von Lothar Schreyer. – Ferner ein Brief von Dr. Tetzlaff aus Badenweiler, der mir ein schönes Gedicht. „Stimme des Gefallenen“ von Werner Bergengruen, sandte. Bergengruen ist Konvertit. Tetzlaff schreibt mir, daß bei der völligen Vernichtung der Hedwigskirche in Berlin beim letzten Fliegerangriff seltsamerweise allein die schlanke, weiße Tabernakelsäule in der Sakramentskapelle inmitten der Ruinen völlig unversehrt geblieben ist. Er schreibt, der Herr Dr. Goebbels habe bei der Besichtigung der zerstörten Kirche gefragt, ob es eigentlich noch mehr kathol. Kirchen in Berlin gäbe. Ich kann das nicht glauben, es wäre zu dumm. – Ich hatte Dr. T. vor einiger Zeit eine Abschrift des Briefes des Kaplans u. Divisionspfarrers aus Stalingrad gesandt, er schreibt mir, daß er ihn im Gottesdienst am selben Sonntag noch vorgelesen habe. Auch habe er ihn weiter verbreitet u. der Brief sei bereits mehrfach in Predigten behandelt worden. Dasselbe schrieb mir s. Zt. Pfr. Feige aus Bln-Pankow, dem ich ebenfalls eine Abschrift gesandt hatte. –

     Der Abschied in Müritz war wieder schmerzlich u. herzlich. Die Schwestern gaben uns ein Paketchen mit, das wir zuhause öffnen sollten. Es enthielt ein buntes Körbchen, in welchem eine Kuchen=Henne auf vielen Bonbon=Eiern saß. Es war sehr niedlich.

     Von Pfr. Dobczynski bekamen wir die schöne Nachricht, daß er am Donnerstag zu uns kommen u. bei uns eine hl. Messe zelebrieren will. Das wird also wieder etwas Besonderes, ich hoffe, daß dann noch Frau Monheim hier sein wird.

     Aus der Zeitung entnahm ich, daß der Führer nun auch noch den Dr. Tiso aus der Slowakei empfangen hat. Diese diplomatischen Empfänge sind ja sehr aufsehenerregend. Ferner hörte ich das Gerücht, die Sowjet=Regierung habe ihre Verbindung mit der polnischen Emigranten=Regierung in London abgebrochen. Das wäre freilich eine Nachricht von sehr großer Bedeutung, zweifellos ein diplomatischer Sieg der Nazis, den sie durch ihre Propaganda betr. den Mord an angeblich 12000 polnischen Offizieren errungen hätte. Den Engländern dürften diese Dinge recht peinlich sein u. man kann gespannt sein, was sich weiter daraus entwickelt. Wenn es Hitler damit gelingen sollte, einen Keil in das Bündnis England – Rußland zu treiben, so wäre das freilich von großer Bedeutung. Möglicherweise benutzt England diese Gelegenheit, um sich von diesem unnatürlichen Bündnis zurückzuziehen, nachdem Rußland jetzt eine Macht entwickelt hat, die wahrscheinlich auch England selbst unheimlich zu werden beginnt. –

     Uebrigens meldete sich auch Margret mit zwei Photographien als Ostergratulantin. Die Bilder hatte Fritz gemacht, eines davon ist sehr gut, – am Strande gehend. –

     Auch mein Patenkind, den kleinen Johannes Papen, habe ich nun gesehen, ein netter, dicker, kleiner, zutraulicher Bengel. Der Vater stammt aus der Gegend von Kleve u. ist ein braver Mann, der eben mit seiner Frau Pech gehabt hat. Die Frau ist seit zwei Jahren von ihm weg u. lebt mit anderen Männern. Es ist das eine Irrung, die aus der Wurzellosigkeit u. Zerfahrenheit unserer Zeit erwachsen ist u. vielleicht kann man der Frau nicht einmal sehr große Schuld beilegen; aber der Mann ist jedenfalls trotz allem ein braver, frommer Mensch, der alles trägt mit einem demütigen Gottvertrauen. Er machte auf mich einen recht guten Eindruck.

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Hans Brass: TBHB 1943-04-26. , 1943, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-04-26_002.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2024)