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macht denn doch einen fatalen Eindruck, denn wenn man alle von uns hingemordeten Juden zusammenzählen würde, dann würde ihre Anzahl jene 12000 weit zurücklassen. – Auffallend ist, daß eben ein neuer Botschafter beim Vatikan ernannt worden ist: Herr v. Weitzäcker. Nachdem vor einiger Zeit auch in Italien ein neuer Botschafter u. zwar kein geringerer als der Außenminister u. Schwiegersohn des Duce, Graf Ciano ernannt worden ist, macht es doch den Eindruck, als wäre darin ein System. – Zugleich wird eine große Propaganda mit unserem neuen Panzer „Tieger“ aufgezogen. Man hat das Gefühl, als wollten wir damit bange machen u. zeigen, daß wir noch sehr stark sind u. einen Frieden nicht nötig hätten, – es soll so aussehen, als ob wir mit diesem neuen Panzer, von dem gradezu Wunderdinge erzählt werden, in der Lage wären, Rußland endgültig niederzuwerfen. Dieser neue Panzer ist übrigens auch in Afrika bereits eingesetzt. Wenn er wirklich eine solche Wunderwaffe ist, dann wollen wir hoffen, daß er den Amerikanern dort nicht in die Hände fällt u. sie ihn nachmachen.

     Der Sohn von Fischer Heinrich Meyer ist gefallen.

Montag, 19. April 1943.     

     Fritz schickt Blumensamen aus Frankreich, leider nur teilweise brauchbar. Er versteht von dieser Sache nichts.

     Nachmittags Frau Prof. Heydenreich. Der Mann ist nun doch als Dozent nach Mailand gekommen, nachdem diese Berufung bereits über ein Jahr alt ist, aber bisher von den italienischen Behörden verschleppt wurde. Die Frau war inzwischen in Berlin, wo sie in der Insbruckerstr. eine Wohnung hat. Gerade diese Gegend Berlins ist bei dem großen Angriff am 1. März schwer mitgenommen worden, aber ihr Haus u. auch das, in welchem Dr. Klaus Wegscheider seine Wohnung hat, ist glimpflich davon gekommen. Die Frau erzählte allerhand Interessantes. Die schönen Villen am Rande des Schöneberger Stadtparkes sind teilweise vernichtet u. mit ihnen sehr bedeutende Kunstwerte, die die Besitzer der Villen besaßen. Erschütternd aber soll die Stimmung in der Bevölkerung sein, man verbirgt seine Meinung nicht mehr. Dazu kommt die Wirkung der haarsträubenden Hetzreden, die Herr Goebbels vor den Rüstungsarbeitern gehalten hat u. die nichts sind als Aufreizung zum Klassenhaß, – obgleich doch die Nazis behaupten, die Klassen längst abgeschafft zu haben. Frau H. machte einen schrecklich elenden, nervösen Eindruck. Von ihrem Mann bekommt sie aus Mailand nur sehr vorsichtige Nachrichten, – es wird dort noch viel schlimmer aussehen, als bei uns.

     Martha heute Kopfweh u. hat sich früh hingelegt, hoffentlich wird daraus keine Krankheit, die uns einen Strich durch die Osterhoffnung macht. Martha telephonierte mit der Schwester Oberin Salsia in Müritz, die uns einlud, Ostern dort zu verleben. Ich war im vorigen Jahre etwa zehn Tage dort, allein, Martha war in Regensburg. So Gott will, werden wir am Gründonnerstag mit Spangenberg hinüberfahren u. bis Montag dort bleiben.

     Pfarrer Dobczynski schreibt, daß er hofft, noch vor dem Weißen Sonntag zu uns zu kommen, um bei uns eine hl. Messe zu zelebrieren. Der Eifer dieses Mannes ist immer aufs Neue rührend.

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Hans Brass: TBHB 1943-04-18. , 1943, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-04-19_001.jpg&oldid=- (Version vom 27.4.2024)