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meine Vermutungen über die Gründe der plötzlichen Entlassung der hohen Admiräle. Er formulierte es so: „Wenn man zwei Waffen hat, von denen die eine wirkungslos ist, die andere wirkungsvoll, so ist es besser, die wirkungslose Waffe abzulegen u. dadurch die andere noch wirkungsvoller zu machen.“ Diese Ansicht ist zweifellos richtig, fraglich ist nur, ob die U=Bootwaffe dadurch so wirkungsvoll gestaltet werden kann, daß wir damit den Sieg erringen. Auch Oblt. Dr. K. bezweifelt es – mit mir! Wenn wir nicht jeden Monat eine Millionen Tonnen versenken, werden wir den Sieg mit dieser Waffe nicht erzwingen, – u. das geschieht längst nicht. Dr. K. erzählte in diesem Zusammenhang über den Admiral Marschall, der ebenfalls abgesetzt worden ist, daß dieser Katholik sei. Er habe nach einem Vortrag, den der Reichsleiter Alfr. Rosenberg vor der Marine gehalten habe, an den Führer einen Brief gerichtet, in welchem er gegen die Verbreitung unchristlicher oder gegenchristlicher Ideen in der Marine protestiert habe, weil dadurch die Kampfkraft der Marine untergraben würde. – Also ein aufrechter Mann u. Christ!

Sonntag Quadragesima, 14. 3. 43.     

     Fortwährendes warmes Frühlingswetter, sodaß man schon im Garten einiges tun kann. Im Vorjahre herrschte um diese Zeit noch starker Frost u. der Schnee lag so hoch, daß der Verkehr lahmgelegt war. –

     Draußen ist heller, klarer Mondschein u. die englischen Flugzeuge brummen unaufhörlich über uns. –

     Frau K. ist aus Berlin hier u. erzählt schlimme Dinge, wie es dort seit dem letzten Fliegerangriff Anfang dieses Monats aussehen soll. Kurz vorher war Essen bombardiert u. jetzt schon wieder. Es ist schauerlich. Pfarrer Dobczynski aus Barth schreibt mir von der schweren Verwundung seines Bruders, der als Kompaniechef vor Leningrad lag. Gesicht, Arme u. Beine zerfetzt. Man hofft, wenigstens ein Auge zu erhalten. Und den Pfarrer selbst hat man vor etwa einem Jahre einfach verhaftet, ohne Angabe von Gründen in das Gefängnis nach Stralsund verschleppt u. nach vier Wochen ebenso ohne Angabe von Gründen wieder entlassen. „Als Erziehungsmaßnahme“, sagt man. Neuerdings sind wieder fünf Geistliche in Pommern verhaftet worden. –

     Es gehen allerhand Gerüchte. Ein berühmter schwedischer Gehirnspezialist ist nach Königsberg gerufen worden. – Sauerbruch ist von Berlin abgereist. – Attentat auf Hitler! – Was daran wahr ist, weiß natürlich kein Mensch, – die Leute erzählen es auf der Dorfstraße. Tatsache ist, daß eigentlich heute „Heldengedenktag“ sein sollte, derselbe ist aber plötzlich auf nächsten Sonntag verlegt worden. –

     Vormittags Besuch von Mett aus Born. Zum Thema: „Arbeitseinsatz“ erzählte er, daß die Frau des Forstmeisters für 4 Wochen zur Erholung in die Alpen gereist sei, während ihr Haushalt von vier Dienstboten versorgt wird. Der Arbeitseinsatz kommt also auch für diese Familie nicht in Frage, denn der Forstmeister ist als Jagdherr natürlich der gute Freund

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Hans Brass: TBHB 1943-03-14. , 1943, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-03-14_001.jpg&oldid=- (Version vom 26.4.2024)