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beherrscht. Von mädchenhafter Sentimentalität keine Spur. Sie ist sachlich, reell, offen, ohne Hintergedanken u. in jeder Weise sehr geeignet, für Fritz eine gute Frau abzugeben. Sie ist Fritz an Verstand überlegen, wodurch der große Altersunterschied von 17 Jahren gut ausgeglichen ist – u. für Fritz ist es gut, wenn er eine Frau mit kühlem Verstand hat. Erotische Spannungen habe ich nicht bemerkt, diese Dinge scheinen bei beiden keine sehr große Rolle zu spielen, u. das ist sehr gut. Alles Elend meines Lebens ist immer nur daher gekommen. Es war deutlich zu fühlen, daß sie sich bei uns von Tag zu Tag immer wohler fühlte, immer mehr auftaute u. Vergnügen an unserer Gesellschaft fand. Beide, Fritz u. Margret, waren jeden Abend mit uns zusammen, ohne daß, ihr unsere Gesellschaft langweilig wurde, vielmehr schien es im Gegenteil, daß sie sich überaus wohl bei uns fühlte. – Selbstverständlich drehten sich die Gespräche vorwiegend um die Zukunft der jungen Leute u. ich war sehr dafür, diese möglichst bald in gesicherte Bahnen zu lenken. So haben wir vorerst den Plan gefaßt, daß die Hochzeit gleich nach Ostern, also im Mai, stattfinden soll, – ein schöner Monat zum Heiraten! Die Hochzeit soll möglichst hier bei uns stattfinden u. wir werden natürlich alles tun, um dieselbe so schön wie möglich zu gestalten. Heute Mittag um 12 Uhr fahren beide wieder nach Berlin, Fritz fährt dann morgen nach St. Quentin. Ich habe Margret einen langen, ausführlichen Brief an die Eltern mitgegeben u. ich hoffe, daß diese sich unseren Vorschlägen anschließen werden. Fritz wird nun vor viel Unruhe stehen, denn wenn er nach St. Qu. zurückkommt, wird sich inzwischen entschieden haben, was mit seiner Frontbuchhandlung wird u. ob er wirklich nach Toulouse kommt. Mit Fritz geht, seitdem er Soldat ist, alles so planmäßig für ihn günstig, daß ich darüber immer nur voll Staunen bin. Wie auch jetzt die Veränderung sein wird, die ihn in St. Qu. erwartet, wird sie für ihn bestimmt gut sein, denn es besteht für mich garkein Zweifel, daß Gott ihn zum Ziele führt. Dieses sichere Gefühl habe ich auch von Anfang an in Bezug auf seine Braut gehabt u. ich werde darin nicht getäuscht sein, zumal ich zu meiner großen Freude festgestellt habe, daß Margret, so weit das bei Protestanten üblich ist, in christlichem Geiste erzogen ist u. ganz bewußt daran festhält, obgleich die Schulerziehung dem sehr entgegengesetzt ist. Ich kann mir von ihr gut denken, daß sie eines Tages katholisch werden könnte, sie hat dazu zweifellos Anlage – u. das ist vor allem in Bezug auf Fritz sehr gut, der anders kaum zum Katholizismus kommen wird. So aber wäre es gut möglich. – Margret erzählte übrigens, daß ihre Mutter bereits eine leise Neigung zum Katholizismus hätte. – Natürlich ist sie ganz frei von nationalsozialistischer Gesinnung, wie auch ihr Elternhaus u. ihre beiden Schwestern. Der Vater war früher Studienrat, war sieben Jahre in Italien (Rom) Professor an irgend einem Institut, nach dem 1. Weltkriege Reichstagsabgeordneter für die demokrat. Partei, – die Mutter eine geborene Seeberg, Tochter des bekannten Theologen Reinhold Seeberg u. Schwester des Theologieprofessors Erich Seeberg, – dieser sehr fatalen Erscheinung, – der

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Hans Brass: TBHB 1943-02-17. , 1943, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-02-09_002.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2024)