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eitlen Großmannssucht u. der Dummheit seiner Mitarbeiter in diese Lage gebracht hat, schreit er nun: „Ihr müßt alle kämpfen!“ Er selbst schreit übrigens schon nicht mehr, – er hat es am 30. Januar nicht gewagt, vor das deutsche Volk zu treten, sondern er hat seine beiden Komplizen Göring u. Goebbels vorgeschickt. –

     Heute abend leutete Fritz aus Bln. an. Er wohnt bei seinen künftigen Schwiegereltern u. es scheint diese Sache in Ordnung zu gehen. Er soll nach dem Urlaub nun doch mit seiner ganzen Buchhandlung nach Toulouse übersiedeln, ich habe ihm geantwortet, daß ich das nicht glaube. – Am Montag wird er bei uns sein. –

     Gegen 9 Uhr wurden wir aus Hamburg angerufen, doch war der Teilnehmer inzwischen besetzt. – Wer es auch gewesen sein mag, – er wird gewiß im Luftschutzkeller sitzen u. deshalb auf den Anruf verzichtet haben.

     Ich sah ein Bild im Rostocker Anzeiger: Der Führer verabschiedet, sich von Generaladmiral Raeder. Man sieht Raeder in strammer, soldatischer Haltung vor dem Führer stehen, im Gesicht unverkennbar ein Anflug von Spott, – der Führer selbst mit immer mehr gebogenem Rücken, schlaff u. etwas gedunsen, ein wenig imponierender Anblick. Man muß an das Märchen vom Fischer un sin Fru denken: „Dein Olsch sitzt all wieder auf ihrem Pißpott!" –

Freitag, 5. Januar 1943.     

     Martha geht es besser, aber sehr langsam. Fritz leutete wieder an, ich bat ihn, zu Loescher zu gehen u. zu kaufen, was er kriegen kann, denn er hat uns einiges angeboten. Es ist jetzt wirklich gleichgültig, was man kauft, wenn man nur sein Geld los wird, das bald keinen Pfifferling mehr wert sein wird. Der wöchentliche Artikel im Reich von Goebbels scheint den Zweck zu verfolgen, die Engländer von der Gefahr zu überzeugen, die der Bolschewismus auch für England ist, falls er siegt. Das mag wohl sein. Bisher hieß es immer, daß Deutschland ganz Europa vorm Bolschewismus rettete, – jetzt scheinen Herrn Goebbels Bedenken zu kommen. Glaubt er etwa, jetzt ein Bündnis mit England gegen den drohenden Bolschewismus erreichen zu können? – Die Zeitungen sind voll von Betrachtungen über die jüngsten Maßnahmen. Diese sind aber eher geeignet, im Volke auch noch die letzte Siegeszuversicht zu töten, – man ist überall sehr niedergeschlagen, ja, verzweifelt. Goebbels hat in seinem Artikel gesagt: „Das Volk will Taten sehen!“ – Das ist der Schlüssel zu diesen unsinnigen Maßnahmen: man will dem Volk wieder mal etwas hinwerfen. Juden sind keine mehr da, auf die man das Volk hetzen kann, jetzt nimmt man die „Nichtstuer“, – die nächste Etappe werden die Kaufleute sein, deren Geschäfte man geschlossen hat, u. schließlich allgemein die „Besitzenden“, die man ausplündern kann. – Der Rummel mit den „Helden von Stalingrad“ hält ebenfalls immer noch an. Hitler u. seine Freunde kämpfen ja in der Tat um ihre nackte Existenz. Nun

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Hans Brass: TBHB 1943-02-04. , 1943, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-02-05_001.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2024)