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Prof. Reinmöller u. seine früheren Liebesaffären, die immer gefährlichen Charakter gehabt haben. Herr E. forderte uns auf, den Abend in seinem Hause zu verbringen u. bei ihm zu Abend zu speisen u. Radio zu hören. Als wir zu seinem etwas weit draußen liegenden Hause kamen, stellte sich heraus, daß das Licht bei ihm noch nicht funktionierte. Wir aßen Brot u. Kaninchenfleisch, das ich sehr schmackhaft fand. Erichson ist ein Genießer. Nachher tranken wir Rotwein bei Kerzenlicht u. Erichson erzählte wie immer ungemein lebendig. Er schilderte die Flucht des Prof. Reinmöller aus Rostock nach dem mißglückten Kapp-Putsch sehr dramatisch. Wir waren erst um 2 Uhr wieder zu Hause.

Dienstag, 1. Dezember 42.     

     Gestern an Pfr. Dobczynski=Barth, geschrieben u. gedankt für den Wochen=Umsteckkalender, den er uns zum 1. Advent geschickt hat. Er hat ihn selbst gemacht aus einer Sperrholzrückwand, die einzelnen Wochenblätter mit Schreibmaschine geschrieben u. vervielfältigt, jeder Tag trägt die Bezeichnung des Heiligen, die Sonn-und Festtage haben ihre liturgischen Farben usw. Außerdem ist am Kopf jedes Blattes eine kleine Vignette, von ihm gezeichnet. Die Holzrückwand trägt ein Bild des hübschen Barther Kirchleins. – Mit der Uebersendung des Kalenders verband er das Versprechen, zu Weihnachten zu uns zu kommen, um mit uns das hl. Meßopfer zu feiern, wenn das Wetter es irgend erlaubt. Dieser eifrige Priester ist wirklich rührend. Ich habe meinem Dankbrief einen 50-Rm-Schein beigelegt für die Bedürfnisse seiner Gemeinde. Es ist das eine schöne Frucht meiner Heirat, daß ich nun derartiges von mir aus tun kann, ohne fragen zu müssen.

Sonntag, den 6. Dezember 1942.     
2. Advent.     

     Aerger mit der Aquinata-Schwesternschaft wegen eines Weihnachtsgeschenkes für Sr. Oberin. Martha hatte zu diesem Zweck im Sommer eine Gouache des Malers Brockmann gekauft für 200,– Rm., welches die Schwestern ihrer Oberin schenken sollten. Jetzt haben die Schwestern das abgelehnt u. wir sitzen mit dem Bilde da. – P. Verkade sagt einmal ungefähr: „eine Schwester außerhalb ihrer Ordensgemeinschaft ist meistens eine Gans.“ – Es stimmt das wohl, wenn das Urteil auch hart ist. Diese weltlichen Aquinata-Schwestern bilden sich allen Ernstes ein, ein eigenes Urteil zu haben u. sind allesamt wirklich nur Gänse. – Ich habe heute das Bild gerahmt u. wir werden es nun der Oberin selber schenken, – freilich etwas teuer!

     Am 4. Dez. Fritzens Geburtstag u. zugleich zweiter Jahrestag seiner Soldatenlaufbahn. Oberleutnant Dr. Krappmann wollte versuchen, eine telephonische Verbindung über die Batterie mit Fritz herzustellen, doch mißlang es wegen Sturmes, es war nicht bis Warnemünde durchzukommen, geschweige nach St. Quentin. Abends mit Martha eine Flasche weißen Bordeau getrunken, die Fritz beim letzten Urlaub mitgebracht hatte. Der Sturm war sehr stark, in der Dorfstraße stürzten drei Bäume.

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Hans Brass: TBHB 1942-11-30. , 1942, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1942-12-01_001.jpg&oldid=- (Version vom 28.4.2024)