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u. deshalb für mich schwer nutzbar; aber es sind auch einige deutsche Sachen dabei, so wie zwei Neue Testamente u. der Kommentar des hl. Thomas zum Römerbrief, von Fahsel übersetzt, u. einige andere Sachen, die mich sehr interessieren, z. B. von Reinh. Sorge usw. –

     Maria war in Bln. bei P. Krächan, den sie in einem anscheinend sehr deprimierten Zustande angetroffen hat. Er ist über die Situation des Christentums im gegenwärtigen Deutschland ganz fassungslos u. begreift es kaum. Ich kann mir das gut von ihm denken. Sie hat mit ihm über diese unglückliche Kindergeschichte ihrer Tochter Ruth gesprochen. Er hat ihr gesagt, daß sie daran nichts ändern könne u. hat ihr den Rat gegeben, sich von ihrer Tochter zu distanzieren. Das ist alles ganz schön u. gut gemeint; aber so einfach ist das eben nicht, wie P. Krächan sich's denkt. Im Uebrigen hat er sich gefreut, als er hörte, daß ich nun das Christkönigshaus verlassen hätte. Er soll gesagt haben, daß ich der richtige Mann für die Diaspora sei. Auch er hat keinen Zweifel, daß man mir die missio canonica erteilen würde.

Sonntag, den 10. Oktober 1937.

     Heute früh waren wir wie stets in Müritz u. Maria blieb gleich dort, weil am Montag die Exerzitien für sie beginnen. So hat sie fast zwei volle Tage, um sich an die Veränderung der Umgebung zu gewöhnen u. sich vorher gut auszuruhen. Hoffentlich wird es in diesem Jahre besser damit gehen, wie in den beiden vorhergehenden Jahren. Es ist nicht so leicht mit ihr. Solch ein Exerzitienmeister ist gewöhnt, mit schwerem Kaliber zu schießen, um durch das dicke Fell u. die seelische Kruste der Exerzitanten durch zukommen. Bei Maria ist das nicht nötig u. es wäre besser, wenn sie sich etwas dagegen wappnete. Ich sah mir den Exerzitienmeister an, der das Hochamt hielt. Es ist ein Franziskanerpater, etwa 50 Jahre. Die Frühmesse las P. Pius Longard O.S.B. – Dieser ist der Sohn eines Apothekers aus Kaiserslautern, der hier in Ahrenshoop ein Sommerhaus hat u. mit seiner Frau allsommerlich hier ist. Es sind hochbetagte Leute, P. Pius hat schon sein 50jähriges Priesterjubiläum hinter sich. Die Alten sind offenbar keine sehr guten Katholiken, die Mutter soll sogar Protestantin sein, – jedenfalls habe ich keine Beziehungen zu ihnen, da sie ziemlich hochmütig u. selbstgerecht zu sein scheinen. – P. Pius kenne ich ebenfalls nicht persönlich. Ich habe nur einmal an ihn geschrieben, damals, als Maria grade eben konvertiert hatte u. nun allein u. ohne Hülfe in Ahrenshoop saß. Damals war auch P. Pius bei seinen Eltern zu Besuch u. ich bat ihn brieflich sich doch Marias ein wenig anzunehmen, was ich für einen Priester für ganz selbstverständlich fand. Er aber lehnte das in einem sonst sehr höflichen Schreiben ab, weil er, – wie er schrieb, – dazu erst von seinem Oberen die Erlaubnis haben müsse. –

     Am nächsten Sonntag werde ich es machen, wie Maria

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Hans Brass: TBHB 1937-09-22. , 1937, Seite 004. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1937-10-10_001.jpg&oldid=- (Version vom 24.4.2024)