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auf meinem Wege nur eine Etappe der Vorsehung gewesen sei.

     Damit ist dann wieder einmal ein kleiner Abschnitt meines Lebens beschlossen u. ich stehe an der Schwelle eines neuen Abschnittes. Möge Gott mir Seine Gnade nie vorenthalten, denn dieser neue Abschnitt wird stärkere Anforderungen an mich stellen.

     Dieser Sommer war ein Uebergang u. eine Vorbereitung. Ich habe von morgens 8 Uhr bis nachmittags 1/2 2 Uhr täglich an der Registerkasse gesessen, dann Mittagessen u. Ruhe bis 3 Uhr, u. von da an wieder bis 8 Uhr Abends an der Kasse. Um 9 Uhr lag ist fast stets im Bett. Es war also keine Zeit zu irgend einer Besinnung außer am Sonntag. Am Sonntag fuhren wir morgens 7 Uhr hier fort nach Müritz, kamen kurz vor 8 Uhr dort zur stillen Messe zurecht, frühstückten dann dort bei den Schwestern, gingen um 10 Uhr ins Hochamt, fuhren um 11 Uhr nach Hause, dann rasch hier den Zeitungsverkauf, dann Mittagessen, dann Schlaf, dann Bücher u. Rechnungen.

     Genau wie ich hat auch Maria gearbeitet. In früheren Jahren hat sie sich dabei stets völlig überanstrengt, weil sie unordentlich u. planlos arbeitete. Jetzt habe ich mit der Uhr in der Hand genau aufgepaßt, daß sie die Zeiten einhielt u. alles seinen regelmäßigen Gang ging, u. der Erfolg ist, daß sie gesund u. frisch ist u. fast nie Kopfschmerzen hat, die immer nur die Folge von Unruhe und Planlosigkeit sind.

     Durch die höhere Einnahme des Geschäftes konnten in diesem Jahre endlich alle alten Warenschulden restlos abgedeckt werden. Allerdings ist kaum etwas als Überschuß übrig geblieben, u. das Leben im Winter muß von den Einnahmen bestritten werden, die aus der Zimmervermietung im großen Hause gekommen sind. Diese Einnahmen hätten viel großer sein können, wenn das Frl. Schmidt sich besser darum gekümmert hätte. Leider aber hat sich dieses Mädchen als ein ganz unfähiges, albernes u. vergnügungssüchtiges Ding entpuppt, sodaß wir froh waren, als sie uns am 1. September verließ. Trotzdem reicht das eingenommene Geld für den Winter, wenn nicht unvorhergesehene Dinge eintreten.

     Vor solch unvorhergesehenen Dingen ist man freilich nie sicher u. schon sind sie eingetreten in einer besonders fatalen Form. –

     Marias Tochter Ruth, welche in diesem Winter ihren medizinischen Doktor gemacht hatte, bereitete uns eben grade die Überraschung, daß sie ein Kind bekommen hat. Niemand hat davon eine Ahnung gehabt, – es war ein Blitz aus heiterem Himmel. Der Vater des Kindes ist ein junger Mensch von 23 Jahren – Ruth ist 28 Jahre. Wir alle stehen ziemlich fassungslos vor diesem Ereignis. Aus diesem Grunde fährt Maria morgen mit uns nach Bln. u. bleibt für einige Tage dort. –

     Ein schwieriges Problem wird für mich hier die Erlangung der Missio canonica. Werner Ballin schrieb mir ins Laufe des Sommers, daß der Kursus bei P. Leder abgeschlossen sei u. daß P. Leder es jedem Einzelnen überließe, ob er sich zur Prüfung stellen wolle. Diese Prüfung soll jetzt im Herbst stattfinden. Ich kann nun dazu nicht in Berlin sein.

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Hans Brass: TBHB 1937-09-13. , 1937, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1937-09-13_002.jpg&oldid=- (Version vom 5.4.2024)