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daß ich im Herbst das Examen für die missio mache u. daß er mich dann einspannen kann. Ich will das dann ja auch recht gerne tun, jedenfalls bin ich infolge seines Entgegenkommens nun erst wieder moralisch verpflichtet, im Herbst hierher zurückzukehren. – Wer weiß, was im Herbst ist. Die Verhältnisse mit der Regierung werden immer bedrohlicher, alles spitzt sich mehr u. mehr u. sehr unheimlich zu, – wie lange sich dies Haus hier noch halten wird, ist ja eine Frage.

     Gestern war ich bei Faensens u. vorher benutzte ich die Gelegenheit, wo ich in Dahlem war, um meine Schwester zu besuchen. Meine Nichte Eva, die mich zu Ostern besuchte, als ich bei Maria in Moabit war, hatte mich so sehr darum gebeten u. ich tat ihr den Gefallen. – Bei Faensens war es wie immer riesig nett, die Leute sind von einer rührenden Zutraulichkeit zu mir, besonders die Mutter. Der Vater ist in der letzten Zeit sehr alt geworden.

     Herr Bauer will mich nach Möglichkeit noch heute Abend besuchen. Er scheint in einer mißlichen Lage zu sein, da ihm die Zustände hier im Hause jetzt schon unerträglich geworden zu sein scheinen.

Mittwoch, den 28. April 1937.

     Nun bin ich schon fast 14 Tage in Ahrenshoop. Am letzten Abend vor meiner Abreise war noch Herr Bauer bei mir, er ging erst gegen 12 Uhr nachts fort. – Er erzählte mir von sich selbst. Er hat in Greifswald studiert u. ist durch den dortigen Pfarrer, von dessen Tüchtigkeit ich schon oft gehört habe, aufgerüttelt worden. Er hat aus irgend einem Grunde – wahrscheinlich, weil er ein Mensch ist, dem es schwer fällt, durchzuhalten, – sein Studium zu keinem endgültigen Abschluß gebracht, sondern hat sich dem Journalismus ergeben. Er ist nach Ost= (oder West?)=Preußen an irgend eine katholisch=konservative Zeitung gegangen, hat aber auch da nicht ausgehalten. Er hat dann den Plan gehabt, Theologie zu studieren u. zu diesem Zweck Benediktiner in Grüssau zu werden. Dort ist er als Postulant eingetreten, doch hat er wiederum nicht durchhalten können. So ist er dann nach Bln. gekommen, hat im Christkönigshaus gewohnt u. P. Petrus hat ihm vorgeschlagen, sich dort als Helfer zu betätigen. Selbstverständlich fühlt er sich auch dort nun sehr unglücklich, denn man beschäftigt ihn mit den unmöglichsten Sachen, u.a. mit Adressenschreiben u. ähnlichen Dingen. Die Anforderungen, die an ihn gestellt werden, kann er auch gesundheitlich nicht erfüllen, besonders das nächtliche Gebet kann er nicht leisten. Er ist offenbar ein Mensch von schwachen Nerven u. der Aufenthalt im Christkönigshaus wird für ihn auf die Dauer unmöglich sein. –

     Am Donnerstag, den 15. Apr. fuhr ich dann mit Maria nach hier. Wir trafen uns am Stettiner Bhf. am Zuge. Maria brachte die junge Frau Bittner mit, bei der sie in Bln. ihr Zimmer hat. Herr Bittner war schon am Tage vorher nach Ribnitz gefahren, weil er auf dem Flugplatz Pütnitz, den seine Firma gebaut hat, zu tun hatte. Heute früh ist das junge Ehepaar wieder abgefahren, sehr zu unserer Erleichterung, denn diese egozentrischen jungen Leute sind im näherern Verkehr nicht ganz leicht zu ertragen.

     Hier war das Wetter zu anfang unbeständig u. wurde dann überaus schlecht. Heute scheint zum ersten Male richtig die Sonne. Die Vegetation ist noch weit zurück.

     Am ersten Sonntag wollten wir gleich nach Müritz fahren, konnten aber nicht, weil das Auto nicht frei war. Dafür fuhren wir denn am zweiten Sonntag. – Es war überaus schön. Zwar war der Landweg infolge des anhaltend regnerischen Wetters in diesem Frühjahr direkt lebensgefährlich, aber in Müritz wurden wir reichlich entschädigt. Die kleine Kapelle dort, die keineswegs

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Hans Brass: TBHB 1937-04-28. , 1937, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1937-04-28_001.jpg&oldid=- (Version vom 31.3.2024)