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nr. 40, das auch im ganzen verwandt ist) mit Erbsen bestreuen. Im Walde aber hausen drei Zwerge, die hören, was der Mann zu seinen Kindern spricht, suchen die Erbsen und streuen einen Weg nach ihrer Höhle. Das Mädchen geht nun zur Mittagszeit in den Wald, findet den Weg und gerät zu den Zwergen. Es muß bei ihnen dienen, hat es aber sonst gut; in alle Gemächer der Höhle darf es gehen, nur in eins nicht. Nun folgt das Märchen dem unsrigen, die zwei andern Schwestern werden auch hinausgelockt. Als die Zwerge diese im Korb heimtragen müssen, und sie allein ist, steckt sie sich in das Blut und dann in die Federn und stellt einen Wisch mit ihren Kleidern angetan bei den Herd. Als sie aus der Höhle herausgeht, begegnen ihr Füchse, die fragen: ‘Geputzter Vogel, wo kommst du her?’ – ‘Aus der Zwergenhöhle, da machten sie sich zur Hochzeit bereit’. Darauf gehen die Füchse vorüber. Ebenso begegnet sie Bären, welche dieselbe Frage tun, endlich auch den zurückkehrenden Zwergen, die sie nicht erkennen. Sie gibt allen dieselbe Antwort. Die Zwerge, wie sie in ihre Höhle kommen und den Wisch finden, merken den Betrug und laufen dem Mädchen nach, sie können es aber nicht eher erreichen als bei ihres Vaters Haus; sie schlüpft noch glücklich hinein, aber die Türe schlägt ihr die Ferse ab[1].

Bei Pröhle, M. f. die Jugend nr. 7 ‘Bienchens Haus’ heißt sie Fledervogel, die Wiederbelebung der toten Schwestern fehlt. Bei Schambach-Müller S. 301 nr. 24 a–b ‘Das Zwergloch’ erhalten die von den Zwergen in Rosen verwandelten Schwestern durch die jüngste ihre menschliche Gestalt wieder und entrinnen in verschiedenen Verkleidungen; vgl. S. 369 und die Erzählung aus Dorste bei Grimm, Mythol. ³ S. 436. Abgekürzt bei Kuhn-Schwartz S. 326 nr. 4 ‘Die beiden Mädchen bei dem Zwerge’ und Wolf, DMS. S. 73 nr. 15 ‘Die drei Schwestern’. Aus Thüringen bei Bechstein 1845 S. 111 = 1874 S. 112 ‘Die schöne junge Braut’ (Herr Federsack; keine Schwestern.)

Wir unterscheiden hier folgende Motive: A. Ein Mädchen wird durch ein verbotenes Zimmer auf die Probe gestellt; ein Ei oder ein Schlüssel wird blutig. – B. Zwei Schwestern erleiden für ihre Neugier den Tod. – C. Die jüngste findet und belebt die Leichen. – D. Der Mörder muß selber die Wiedererweckten in einem


  1. Zu diesem Abschlagen der Ferse vgl. Grimm, Mythologie ³ S. 924. 3, 289.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 399. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_399.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)