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Sonnenschein schlafen legen, um zu sehen, wer den Honig gefressen habe, und beschmiert dann den Bären mit Honig.[1] In andern Ländern ist aus dem Fuchse ein Schakal, Kaninchen, eine Katze, ein Huhn geworden, aus dem Bären vielfach ein Wolf, Hund oder Hyäne, aus dem Honig Butter oder eine andre Speise.


3. Marienkind. 1856 S. 7.

1812 Nr. 3: aus Hessen, von Gretchen Wild in Kassel 1807.

Nach einer andern Erzählung (1812 S. V) geht der arme Mann, da er seine Kinder nicht ernähren kann, in den Wald und will sich erhenken. Da kommt ein schwarzer Wagen mit vier schwarzen Pferden; eine schöne, schwarzgekleidete Jungfrau steigt aus und sagt ihm, er werde in einem Busch vor seinem Haus einen Sack mit Geld finden, dafür solle er ihr geben, was im Hause verborgen sei. Der Mann willigt ein, findet das Geld, das Verborgene aber ist das Kind im Mutterleib. Als es geboren ist, kommt die Jungfrau und will es abholen, doch weil die Mutter so viel bittet, läßt sie es noch bis zum zwölften Jahr. Dann führt sie es fort zu einem schwarzen Schloß; alles ist prächtig darin, es darf an alle Orte hin, nur nicht in eine Kammer. Vier Jahre gehorcht das Mädchen, da kann es der Qual der Neugierde nicht länger widerstehen und guckt durch einen Ritz hinein. Es sieht vier schwarze Jungfrauen, die, in Bücherlesen vertieft, in dem Augenblick zu erschrecken scheinen; seine Pflegemutter aber kommt heraus und sagt: ‘Ich muß dich verstoßen; was willst du am liebsten verlieren?’ ‘Die Sprache’, antwortet das Mädchen. Sie schlägt ihm auf den Mund, daß das Blut hervorquillt, und treibt es fort. Es muß unter einem Baum übernachten, da findet es am Morgen der Königssohn, führt es mit sich fort und vermählt sich, gegen seiner Mutter Willen, mit der stummen Schönheit. Als das erste Kind zur Welt kommt, nimmt es die böse Schwiegermutter, wirft es ins Wasser, bespritzt die kranke Königin mit Blut und gibt vor, sie habe ihr eigen Kind gefressen. So geht es noch zweimal, da soll die Unschuldige, die sich nicht verteidigen


  1. Ähnlich Bleek 1870 S. 14 nr. 9; ‘Wer war der Dieb?’ (Schakal und Hyäne.)
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_013.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)