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„Ich biete“, sagte er, „mein Geld und mein Gut an, damit dieser Vergleich zu Stande komme; denn Gretter ist aus vornehmer Familie und mein Jugendfreund. Ihr könnt, mein Herr, gewiß auch einsehen, daß es besser ist, einem Manne das Leben zu schenken und sich dadurch den Dank vieler Männer zu verdienen, als diesen einen Mann zu fordern und dabei Gefahr zu laufen, ihn nicht in eure Gewalt zu bekommen. Denn seiner Freunde sind viele, und sein Anhang ist mächtig. Es ist ein ehrenvolles Anerbieten für den Richter, die Größe des Reugeldes bestimmen zu dürfen. Weiset, mein Herr, dieses nicht zurück!“

Der Jarl erwiderte: „Besse, dein Sinn ist edel und dein Arm ist stark; aber dennoch kann ich mich nicht bequemen, das Gesetz des Landes zu kränken, indem ich Totschlägern das Leben schenke!“

Endlich trat Thorstein Drommund vor den Jarl, begrüßte ihn und machte auch Vorschläge zu Gunsten eines Vergleiches für Gretters.

„Ich bin sein Bruder, Herr, sprach er, und bitte gleichfalls unter Anerbietung meines Gutes um Leben und Frieden für den Bruder!“

„Daß du sein Bruder bist“, antwortete der Jarl, „habe ich nicht gewußt. Du beweisest aber deine Liebe zu ihm, indem du ihm helfen willst. Das ist recht und gut. Doch wir haben nun einmal beschlossen, zwischen euch keinen Unterschied zu machen. So lehne ich denn auch deine Bitte ab. Für diesen dreifachen Totschlag nehme ich kein Reugeld an, sondern fordere bestimmt Gretters Leben. Ich will es haben, wo immer sich die Gelegenheit dazu bietet und koste es mir, was es wolle!“ –

Damit stand der Jarl entschlossen vom Stuhle auf und verließ die Gerichtsversammlung.

Empfohlene Zitierweise:
Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/74&oldid=- (Version vom 1.8.2018)