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stehenden Eckhauses zu Oschatz war vor dem letzten Brande von 1842 der h. Christoph angemalt mit der Unterschrift: Christophorus Christum, sed Christus sustulit Orbem. Constiterit pedibus dic ubi Christophorus. Als dieses Bildniß von dem Kunstmaler Christoph Richter erneuert ward und er nur noch die Inschrift an dem Hauserker zu vollenden hatte, stürzte er rückwärts 6 Ellen hoch auf das Pflaster und gab auf der Stelle seinen Geist auf. Nach der Volkssage war dies die Strafe, daß er an der Wahrheit der Legende gezweifelt hatte.


299) Die schmatzenden Todten zu Oschatz.
Hoffmann Bd. I. S. 182.

Als die Pest 1552 zu Oschatz wüthete, wurden zu Ende des Augusts zwei Wächter angestellt, welche 3 Nächte auf dem Gottesacker wachen und horchen sollten, ob es wahr sei, was man berichtet, daß die Todten geschmatzt hätten. Es war nämlich die Sitte, wenn man solches vernommen und daraus geschlossen hatte, daß die schmatzenden Todten noch mehrere ihrer Freunde nachholen würden, dieselben auszugraben, ihnen die Kleider, daran sie kaueten, aus dem Munde zu reißen und ihnen mit dem Grabscheite den Kopf abzustechen. Noch heute entfernen an vielen Orten im Königreiche Sachsen darum die Leichenweiber sorgfältig Alles vom Munde des Verstorbenen, ehe er eingesargt wird, damit er nichts von seinem Anzuge mit demselben erreichen kann.


300) Die drei Kreuze vor dem Hospitalthore zu Oschatz.

Hoffmann Bd. I. S. 192. 40. Hasche, Mag. f. Sächs. Gesch. Th. II. S. 290. sq. Mehr u. anders im Sammler 1837. Nr. 4. S. 12 fgg.

Auf einem Hügel vor dem Hospitalthore zu Oschatz stehen 3 Kreuze, welche in Folge einer schrecklichen Mordthat an drei Gliedern einer Familie, die angeblich hier geschehen ist, wie sich das Volk erzählt, gesetzt sein sollen, wiewohl eine andere

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 271. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_271.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)