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ein Ort passend scheinen, endlich kamen sie auf einen hohen Berg voll Wald und üppigen Graswuchs, da rief sie: „das ist ein gar schön Eckchen, da kann man weit aus schauen, da wollen wir bauen!“ Und so geschah es auch, der Köhler baute sich ein Häuschen und brannte einen Meiler an, und nach und nach zogen auch andere Leute dahin und baueten sich um das Häuschen herum an, und so entstand nach und nach ein Flecken, den hieß man zum Andenken Schöneck.


634) Das Heugütel.
S. Köhler, Aberglauben im Voigtlande. S. 475.

Gewisse Leute hatten einmal sehr mageres Vieh, bis sie ein Heugütel[1] bekamen. Da wurde es mit dem Vieh besser. Das Heugütel aber ist der Geist eines ungetauften Kindes. Sie wußten, daß sie ein Heugütel im Hause hatten, denn sie streuten Asche auf den Boden unter dem Dache und da sahen sie seine Fußtapfen. Als Weihnachten kam, sagten sie: „nun wollen wir doch auch dem Heugütel etwas zum heiligen Christ geben!“ und sie gaben ihm ein Röckchen und ein Jäckchen. Da sagte das Heugütel: „nun habt Ihr mir ein Röckchen und ein Jäckchen gegeben, das ist zu viel, nun muß ich ausziehen!“ Und das Heugütel zog fort und das Vieh wurde wieder mager. Alte Leute im Voigtland glauben noch an das Heugütel und dringen darauf, daß neugeborene Kinder schnell getauft werden, damit sie nicht zu Heugüteln werden. Auch findet man die Redensart, wenn ein Kind seine kleinen Fußtapfen hinterläßt: „Du bist ja ein Heugütel.“


  1. Ist dasselbe Wesen wie das oben (Bd. I. Nr. 561) erwähnte Gütel oder Jüdel des Erzgebirges. In Oberösterreich heißt Göd das Taufkind und im Oberungarischen ist Gödchen = Pathenkind. Im Reußischen kennt man das sogenannte Futtermännchen statt des Heugütels (s. Eisel, Sagenb. d. Voigtl. Nr. 123).
Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_040.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)