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als wenn ich ihn sähe. Er war minorenn an Verstand oder an Jahren, unter der Vormundschaft seiner Mutter oder seiner Frau, hatte Milchhaare im Bart und Flachshaare um die Schläfe, er war so gefällig wie ein Weidenschößling, und spielte gern Dame und mit den Damen, nicht aus Leidenschaft, behüte Gott! nur zum Zeitvertreib. Sein Hofmeister, zu thätig um ein Gelehrter, zu unlenksam ein Weltmann zu sein, erfand das Spiel in usum Delphini, das so homogen mit Seiner Majestät war – und so ferner.

Adelheid. Matt! Ihr solltet die Lücken unsrer Geschichtsbücher ausfüllen, Liebetraut.

Sie stehen auf.

Liebetraut. Die Lücken unsrer Geschlechtsregister, das wäre profitabler. Seitdem die Verdienste unserer Vorfahren mit ihren Porträts zu einerlei Gebrauch dienen, die leeren Seiten nämlich unsrer Zimmer und unsers Charakters zu tapeziren; da wäre was zu verdienen.

Bischof. Er will nicht kommen, sagtet ihr!

Adelheid. Ich bitt’ euch, schlagt’s euch aus dem Sinn.

Bischof. Was das sein mag?

Liebetraut. Was? Die Ursachen lassen sich herunterbeten wie ein Rosenkranz. Er ist in eine Art von Zerknirschung gefallen, von der ich ihn leicht curiren wollt.

Bischof. Thut das, reitet zu ihm.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. Weimar: Hermann Böhlau, 1889, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Goethe_G%C3%B6tz_von_Berlichingen_WA_Bd_8_055.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)