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Der augen sprühen und die freie locke
Die einst den herrn verriet im bettelrocke
Verschleiern wir dem dreisten schwarm verschämt

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Der unsre schatten erst mit glanz verbrämt.


Wie wir gediehn im schoosse fremder amme:
Ist unser nachwuchs nie aus unsrem stamme –
Nie alternd nie entkräftet nie versprengt
Da ungeborne glut in ihm sich mengt.

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Und jede eherne tat und nötige wende:

Nur unser-einer ist der sie vollende –
Zu der man uns in arger wirrsal ruft
Und dann uns steinigt: fluch dem was ihr schuf’t!

Und wenn die grosse Nährerin im zorne

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Nicht mehr sich mischend neigt am untern borne ·

In einer weltnacht starr und müde pocht:
So kann nur einer der sie stets befocht

Und zwang und nie verfuhr nach ihrem rechte
Die hand ihr pressen · packen ihre flechte ·

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Dass sie ihr werk willfährig wieder treibt:

Den leib vergottet und den gott verleibt.

Empfohlene Zitierweise:
Stefan George: Der siebente Ring. Blätter für die Kunst, Berlin 1907, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:George_Der_siebente_Ring.pdf/53&oldid=- (Version vom 1.8.2018)