Seite:Georg Hermann Müller 700 Jahre Dresden 1216–1916.pdf/30

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Es vermehrte sich überhaupt der zum Hof gehörige Kreis, die Beamtenstadt Dresden nimmt ihren Anfang. Mit dem Zu­zug der Reichen werden die reinen Besitzer zahlreicher, zum Teil in diese Hände kommt der Hausbesitz um den Markt und in den inneren Hauptstraßen.

Die Kehrseite der höfischen Pracht und des der Stadt zum Teil zugute kommenden Reichtums waren die nicht zu verweigernden großen Darlehen, welche aus der Stadtkasse an den Kurfürsten abgeführt werden mußten, auch so schon unter Johann Georg I. Die Einzelheiten gehören in eine noch nicht geschriebene Geschichte des Dresdner Finanzwesens. Allein im Jahre 1700 betrugen die Zinseinnahmen aus Darlehen etwa 5800 Gulden. Daneben war der „sonstige“ Aufwand der Stadt bei festlichen Angelegen­heiten, Aufwartungen, Geschenken nicht gering, z. B. 1714 für eine Privilegbestätigung nur 50 000 Gulden 64). So war die Stadt eng mit dem Leben und Willen des Hofes verbunden, und nicht nur zu ihrem Besten.

Wie sich das geistige und religiöse Leben gliederte und gestaltete, läßt sich auch nur erst in allgemeinen Zügen andeuten. Für die Volksmenge stand zweifellos die religiöse Frage noch im Mittelpunkte 65).

Wie sich schon vor Einführung der Reformation in der Opposition gegen Herzog Georg gezeigt hatte, dann nachher in den philippistischen Streitigkeiten, und der Haltung des Volkes, als die kalvinistischen Sympathien gewaltsam unterdrückt wurden, so kam da­nach in der langen Zeit der orthodoxen Kirchenherrschaft ein starker religiöser Wille der Kirchenzucht und -ordnung entgegen und so erklärt sich auch die starke, wahrhaft volkstümliche Opposition gegen die Wieder-Katholisierung des Herrscherhauses.

Die Führer in der Kirche und entsprechend der Schule, mit ebenfalls geistlicher Grundbildung, waren ausschlaggebend für die allgemeine Bildung, in einer Zeit, wo das Urteil durch eigenes Lesen sich noch auf einen kleinen Kreis beschränkte. Die regelmäßige

Empfohlene Zitierweise:
Georg Hermann Müller: 700 Jahre Dresden. Verlag der Buchdruckerei der Wilhelm und Bertha von Baensch Stiftung, Dresden 1917, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georg_Hermann_M%C3%BCller_700_Jahre_Dresden_1216%E2%80%931916.pdf/30&oldid=- (Version vom 29.2.2024)