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vom leisesten Hauche der Luft. Wie reich auch zuweilen die äußere Freude scheint, doch ist ihr Reichthum nur ein buntes Mancherlei der Armuth. Sehet die welkenden Pflanzen, sehet die Blätter des Baumes im Herbste – auch ihre Farben sind bunter und reicher, als ihr einfaches jugendliches Grün im Frühling, und doch sind sie nichts anders als Spuren des Todes, des schnell nahenden Todes. Nur wo des Menschen Kraft gerichtet ist auf Gott, da ist wahre Kraft; nur wo Liebe zu Gott im Innersten brennt, da ist wahres Leben. Wo die Liebe nicht ist, da herrscht, da ist der Tod! –

     So sehr aber die Natur des Menschen verändert ist, so ist doch Gott unverändert, er ist, der da war und sein wird, die reinste, unerschöpfliche Liebe. Auch derer, die sich entfernt hatten von ihm, nahm er immer sich väterlich an, sorgte für ihre wesentliche Bedürfnisse, erweckte die Sehnsucht nach ihm und das Gefühl seines Daseins, nährte den noch in ihnen glimmenden Funken der Liebe, und ließ sie erfahren seinen Beistand, seine Hülfe, seinen Schutz. Jeder der nur wollte,

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Johannes Geibel: Ermunterung zur Verläugnung des ungöttlichen Wesens. Lübeck 1807, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geibel_Ermunterung10.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)