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[735]gleich lebendig empfunden. Wir sind überzeugt, daß das Streben nach Herstellung derselben nicht anders als die Theilnahme jedes Denkenden, Fühlenden und Erfahrenen im Volke wecken könne und müsse. Unsere erste anzeigende Schrift (auf dem Titel die 2te genannt): „An unser deutsches Volk. Erfurt bey Müller 1820. 8. 40“ zeigt daher unser erziehendes Wirken und Streben als ein in Einheit, Einigkeit und Zutrauen ruhendes und daraus hervorgegangenes. Sie zeigt, wie unser Streben ist, seyn muß und nur seyn kann: für höchstes Zutrauen – Zutrauen zu Gott, zu sich und zu Anderen – zu erziehen, und nachzuweisen, daß ein solches Zutrauen seinen letzten Grund nur in dem ursprünglichen Verhältnisse der Menschen zu Gott habe. Sie zeigt, daß ein prüfender Blick auf das, was unser Volk seinem Wesen und seiner Anlage nach ist, uns lebendig mit diesem Zutrauen erfüllen, dafür beleben und bethätigen könne und müsse; so daß daher jedes ächt deutsche erziehende Streben in der Entwickelung und Ausbildung für dieses Zutrauen, als in einem die tiefsten Bedürfnisse des gemeinsamen deutschen Vaterlandes in ihrer Quelle befriedigenden, sein letztes Ziel und seinen höchsten Zweck finden müsse, und daß wir unser Ziel und unseren Zweck darin finden.

Was dem Einzelnen, sey es ein einzelner Mensch oder eine einzelne Familie oder ein einzelnes Volk wahrhaft wohlthätig, ersprießlich und heilbringend ist, das muß auch in dem Ganzen, von dem es ein Theil ist, bedingt seyn und aus demselben nothwendig hervorgehen. Daher suchen wir in unserer zweyten anzeigenden Schrift: „Durchgreifende, dem deutschen Charakter erschöpfend genügende Erziehung ist das Grund- und Quellbedürfniß des deutschen Volks. Erfurt bey Müller 1821. 8. 48.“ die Nothwendigkeit einer gründlichen deutschen Volkserziehung in der Uebereinstimmung des Entwickelungsganges des menschlichen Geistes mit den höchsten Entwickelungsgesetzen der Natur zur Anschauung zu bringen und in dem Wesen und Charakter des deutschen Volkes nachzuweisen. Ferner suchen wir darin die verschiedenen Erscheinungen des Lebens, sowohl Einzelner im Volke, als auch des ganzen Volkes, ihre nothwendigen Folgen und die aus diesen hervorgehende Nothwendigkeit einer durchgreifenden deutschen Volksbildung in geschichtlichen Erscheinungen, deren Ursachen und Folgen im Allgemeinen und in denen des deutschen Volks insbesondere zu zeigen.

Dieses Wiederkehrende und Gesetzmäßige in allen Erscheinungen und Verhältnissen des Lebens, sowohl Einzelner im Volke, als des ganzen Volks, diese Uebereinstimmung der Entwickelungsgesetze der Natur mit denen des Geistes und die Erkenntniß: daß diese Gesetzmäßigkeit und Gleichgesetzigkeit nur darin bedingt sey, daß alle Dinge aus einer Einheit hervorgegangen sind, daß sie alle durch Gott ihr Daseyn und Bestehen haben, kann und muß den Menschen mit Zutrauen zu Gott, zu sich und zu anderen erfüllen. Und so hängt diese Schrift mit der vorhin genannten in sich zusammen.

Da es aber die Erziehung, die Lehre und das Leben ist, wodurch der Mensch zu jenem Zutrauen erhoben werden [736]soll, und der allgemeine Zusammenhang des Unterrichts unter sich und mit dem Leben, und die Behandlung jedes einzelnen Unterrichtsgegenstandes eben so von einer inneren Nothwendigkeit bedingt ist; so suchen wir in einer dritten Schrift: „Grundsätze, Zweck und inneres Leben der allgemeinen deutschen Erziehungsanstalt in Keilhau. Rudolstadt 1821. 8. 32 in Commission der Hofbuchhandlung“ andeutend nachzuweisen, wie wir den in den obigen beyden Schriften aufgestellten Grundsätzen durch unser Leben, unsere Lehre nachzukommen uns bemühen, und wie weit sich unser Kreis in jedem einzelnen Erziehungsmittel und Unterrichtsgegenstande wirklich ausgebildet hat. Zugleich zeigen wir in dieser Schrift die Bedingungen an, unter welchen Knaben in unsere Erziehungs-Anstalt aufgenommen werden.

Dies muß uns hier als Andeutung über den inneren Zusammenhang der genannten drey Schriftchen genügen.

Aus dieser Darstellung unseres Wirkens und der Grundsätze desselben geht also klar hervor, daß wir bey unserem Erziehungs- und Lehrgeschäft einzig von dem Inneren überhaupt und dem Bedingenden desselben ausgehen, daß demselben nur die nothwendig innere Anschauung der Dinge zum Grunde liegt. Wir wissen recht gut, daß dieß für die meisten weder eine ansprechende, noch für die Sache einnehmende Seite ist. Dennoch kann fernerhin eine nur äußere Anschauung und Beachtung des Menschen und seiner Verhältnisse, der Dinge und Erscheinungen, ihrer Ursachen und Folgen uns überhaupt zu Nichts führen, wenigstens kann sie uns nichts von dem reichen, was wir als Menschen und als Deutsche so sehr bedürfen. Nur die innere Ansicht der Dinge, des Menschen und seiner Verhältnisse, nur die ist es, die, wie sie von jeher und durch alle Zeiten hindurch sich bewährt und erhalten hat, sich auch in unserer jetzigen kämpfenden Zeit und in alle Zukunft hin als die einzige wahre bewähren und erhalten kann und wird. Sie ist es aber, die jetzt mehr denn zu irgend einer Zeit durch den vorwaltenden Hang zur Aeußerlichkeit uns entrückt worden ist. Zu ihr müssen wir unumgänglich zurückkehren, wenn wir finden und uns aneignen wollen, was Noth thut.

Zwar scheuen wir uns alle davor und sträuben uns dagegen, sowohl in Beziehung auf uns selbst als in Beziehung auf unsere Kinder; denn es ist mit Hingabe von oft tief mit unserem Leben verwachsenen Aeußerlichkeiten, seyen es auch nur vorgefaßte Meynungen, liebgewordene Gewohnheiten etc. verbunden. Dennoch wird uns, so sehr dieß auch ist, nichts von jener Rückkehr zu uns, zu dem Geistigen, Inneren befreyen; und werden wir nicht aus eignem freyen Willen dazu greifen, so wird uns das Festhalten am Aeußeren ein diesem Aeußeren gleiches Schicksal bereiten, und uns also, wenn es in sich selbst versinkt, auch mit sich dahin reißen, ohne daß wir uns eines höheren geistigen Seyns und Bleibens zu erfreuen haben. Es ist jetzt wie zu allen großen geschichtlichen Zeiten dem Menschen sein Wohl und sein Wehe in seine eigne Brust, in seinen eignen Geist gelegt. Wer sich von diesem wendet, wendet sich von seinem eignen Heile. Wer seine Kinder und seine Pflegebefohlenen nicht zu ihrem Inneren führt, der führt sie nothwendig von dem Wege zu ihrem bleibenden Wohl, sey es als Familien- oder Volksglieder oder