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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

mildere Beurteilung verdient, so waren doch die Beweggründe des Kraszewski nicht so niedrige als die des Hentsch. Diesen Umstand hat der Gerichtshof in Betracht gezogen und ferner erwogen, daß der Angeklagte ein langes, ehrenvolles Leben geführt und, obwohl er zwei blutige Revolutionen in Polen mit durchlebt, er niemals Anteil an diesen genommen, mithin den Beweis geliefert hat, daß er allen Gewalttaten ferngestanden. Lediglich aus diesem Gesichtspunkten hat der Gerichtshof dem Angeklagten v. Kraszewski mildernde Umstände zugebilligt. Angesichts dessen hat der Gerichtshof wegen des vollendeten Landesverrats, den Aufmarsch betreffend, auf drei Jahre Festung, wegen der Aufforderung zum Landesverrat auf ein Jahr Festung und somit auf eine Gesamtstrafe von dreieinhalb Jahren Festung erkannt. Die gegen den Angeklagten v. Kraszewski verfügte Vermögensbeschlagnahme ist aufzuheben; Hentsch ist in Haft zu behalten und der Angeklagte v. Kraszewski freizulassen. Die Kosten des Verfahrens haben die Angeklagten gemeinschaftlich zu tragen. Die Verhandlung ist beendet. – Die Angeklagten nahmen beide die Urteilsverkündung mit ziemlicher Fassung entgegen. Am Schlusse traten dem Angeklagten Hentsch die Tränen in die Augen. – Hentsch wurde zur Verbüßung seiner Strafe in das Zuchthaus zu Halle a. S., Dr. v. Kraszewski in die Festung Magdeburg übergeführt. Beide sind nach Verlauf eines Jahres gestorben.

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/68&oldid=- (Version vom 25.3.2023)