Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 7 (1912).djvu/60

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

Nachrichten zum Wohle des Deutschen Reiches einer fremden Regierung gegenüber geheim zu halten waren; es ist dabei gleichgültig, ob die Nachricht in irgendeiner Form bereits veröffentlicht worden ist. Zur Vollendung des Landesverratsverbrechens ist es nicht erforderlich, daß sekretes Material geliefert worden ist. Es können gewisse Instruktionen den Offizieren, aber nicht den Mannschaften bekannt sein. Aber selbst wenn eine Instruktion auch den Mannschaften eines ganzen Armeekorps bekannt ist, so macht sich derjenige des Landesverrats schuldig, der diese Instruktion einer fremden Regierung mitteilt, wenn die Geheimhaltung der Instruktion einer fremden Regierung gegenüber zum Wohle des Deutschen Reiches erforderlich ist. Die vorliegenden Verbrechen sind im In- und Auslande verübt worden. Da laut Strafgesetzbuch nur solche Verbrechen strafbar sind, die im Inlande begangen werden, so liegen auch in dieser Beziehung keine Bedenken vor. Daß die hier zur Anklage stehenden Verbrechen zumeist durch die Vermittlung eines gewissen Adler, einer mystischen Persönlichkeit, die dem Gerichtshofe unbekannt geblieben, verübt worden sind, ist unerheblich; diese Tatsache ändert nicht das geringste an dem Schuldbewußtsein der Angeklagten. Was nun den ersten hier zur Anklage stehenden Fall, den Aufmarsch der deutschen Truppen nach der Westgrenze, anlangt, so ist durch Gutachten des Kriegsministeriums, in Übereinstimmung mit den mündlichen Bekundungen von vier sachverständigen Stabsoffizieren, festgestellt worden, daß die Geheimhaltung dieser Arbeit einer fremden Regierung zum Wohle des Deutschen Reiches geboten war. Wenn auch die in der Arbeit enthaltenen Fahrdispositionen falsch waren, so war doch der Angeklagte bemüht, richtiges Material zu geben. Ganz besonders kommt aber in Betracht, daß in der Arbeit die Kriegsstärke der deutschen Truppen an der Westgrenze richtig angegeben war und daß nach den übereinstimmenden Gutachten damit der französischen Regierung

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/60&oldid=- (Version vom 26.3.2023)