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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

Quellen geschöpft hat. Gibt die fremde Regierung die Arbeit wieder, da sie teilweise oder ganz für sie wertlos ist, so ist der Versuch des Landesverrats begangen worden. Daß Kraszewski aus bloßer Gutmütigkeit für Zaleski, um diesen zu unterstützen, Nachrichten sich kauft und dafür Tausende von Mark ausgibt, daß er diesem all’ die Arbeiten für eine Zeitungsredaktion schickt, die in der Luft liegt, von deren Dasein er niemals Kenntnis erlangt hat, obwohl er sich in der Zwischenzeit in Paris befunden und mit Zaleski verkehrt hat, kann ihm niemand glauben. Eine bona fides des Kraszewski ist vollständig ausgeschlossen. Es ist gegen das Schreiben des Fürsten Bismarck eingewendet worden: es sei nicht unter Beweis gestellt gewesen. Ich erwidere darauf, daß das Schreiben von dem großen Manne ausgeht, der stets auf der Warte des Deutschen Reiches und des europäischen Friedens gestanden hat. Die Richtigkeit des in dem Schreiben Mitgeteilten dürfte daher nicht zu bezweifeln sein. Über das Strafmaß will ich nicht weiter sprechen, sondern dies dem Ermessen des hohen Gerichtshofes anheimstellen. Ich möchte bloß noch bemerken: ich achte jedes Nationalgefühl, wenn es auch für eine Nation empfunden wird, die keine Selbständigkeit mehr besitzt. Das Nationalgefühl ist mir bedeutend lieber als die Internationalität, die alle Schranken der Nationen durchbrechen will. Allein dieses Nationalgefühl kann dem Angeklagten Kraszewski nicht zugutekommen. Er hat ein Land an eine feindliche Macht verraten, dessen Gastfreundschaft er genießt und unter dessen Schutze er steht. Ein solcher Mann aber ist ein gemeiner Landesverräter. – Verteidiger, Rechtsanwalt Saul: „Ich will dem Herrn Oberreichsanwalt nur noch erwidern: wenn der Angeklagte v. Kraszewski auch deutscher Reichsangehöriger ist, so hat er doch niemals aufgehört, Pole zu sein. – Nach noch kurzen Bemerkungen des Reichsanwalts Treplin und des Verteidigers, Rechtsanwalts Dr. Samter, sagte Angeklagter Hentsch: Ich bekenne, ich habe

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/58&oldid=- (Version vom 26.3.2023)