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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

nicht um Verrat, sondern wir finden ihn in der Gesellschaft von Verrätern. Der Angeklagte muß es sich gefallen lassen, daß ihn ein Mensch wie Adler einen Spitzbuben nennt, daß er sich von Adler sagen lassen muß: ich glaubte, es gibt noch eine gewisse Spitzbubenehrlichkeit, allein auch diese scheinen Sie nicht einmal zu besitzen.“ Daß der Angeklagte Hentsch sich der Tragweite seiner Handlungsweise vollständig bewußt war, bedarf wohl keiner weiteren Ausführung. Ebenso ist es zweifellos, daß der Angeklagte Hentsch in allen Fällen Materialien geliefert hat, deren Geheimhaltung einer fremden Regierung gegenüber zum Wohle des Deutschen Reiches geboten war. Daß sich Hentsch auch des versuchten Landesverrats schuldig gemacht hat, wird gewiß keinem Zweifel unterliegen. Die Art und Weise, wie er sich Kenntnis von den neuen Sturmgeräten zu verschaffen suchte, gibt eine weitere Charakteristik für seine Handlungsweise. Ich komme nun zu der Stellung der Strafanträge. Von der Zubilligung mildernder Umstände kann bei beiden Angeklagten nicht die Rede sein. Das Wort Zuchthaus ist ein sehr häßliches Wort, und es ist traurig, daß ein solch’ alter Mann wie Kraszewski noch ins Zuchthaus wandern muß. Allein die Gerechtigkeit handelt mit verbundenen Augen und kann das hohe Alter des Angeklagten v. Kraszewski nicht in Betracht ziehen. Ich beantrage deshalb gegen den Angeklagten Hentsch eine Zuchthausstrafe von zehn Jahren und zehn Jahren Ehrverlust, gegen den Angeklagten v. Kraszewski fünf Jahre Zuchthaus und fünf Jahre Ehrverlust. – Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Samter: Meine Herren! Ein trauriges Bild hat uns diese Verhandlung entrollt, traurig schon deshalb, weil die nicht zur Anklage stehenden hier verlesenen Briefe uns gezeigt haben, daß fremde Regierungen bemüht gewesen sind, Mitteilungen über militärische Einrichtungen unseres Vaterlandes zu erhalten und daß dadurch unser teures Vaterland verraten wird. Trotzdem kann ich aber nicht zugeben, daß sich mein

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/52&oldid=- (Version vom 26.3.2023)