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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

denen unsere Bestrebungen überschüttet werden, zeigen, daß es unseren Gegnern nicht um friedliche Entwicklung zu tun ist. Ich sage nur, daß bei allem guten Willen unsererseits, die soziale Frage einer friedlichen Lösung entgegenzuführen, wir uns auch an den Gedanken gewöhnen müssen, daß gewaltsame Zuckungen eintreten können. Die Geschichte zeigt, daß starres Festhalten am Bestehenden solche Zuckungen häufig hervorruft. Ich glaube, daß in der ganzen Partei gleiche Ansichten über unsere Stellung herrschen. – Vert.: Ist Ihnen bekannt, daß einer der Angeklagten eine hiervon abweichende Meinung gehabt hat? – Zeuge: Wir haben nie unsere Ansichten über diesen Punkt ausgetauscht; ich glaube aber mit Bestimmtheit annehmen zu dürfen, daß die Angeklagten die gleiche Anschauung haben. – Dieselbe Antwort gab auf Befragen des Verteidigers Rechtsanwalts Freytag I (Leipzig) als Zeuge Oberlehrer Spier, ehemaliges Mitglied des Braunschweiger Ausschusses. – Zeuge Ingenieur Leonhard v. Bornhorst (Ausschußmitglied) bekundete auf Befragen des Verteidigers Rechtsanwalts Freytag I (Leipzig):[WS 1] Die „Soldatenbriefe“ und den „Militärkatechismus“ von Heinzen habe er auf eigene Faust bestellt. Bracke und Spier erhielten erst davon Kenntnis, als der Brief an Heinzen bereits abgesandt war. Beide mißbilligten die Bestellung und verboten die Verbreitung der Schriften. Bebel und Liebknecht haben von alledem nichts gewußt, sie haben wohl auch kaum die Schriften gekannt. – Vert.: Die Partei soll die Absicht haben, eine gewaltsame Revolution herbeizuführen, um die sozialen und politischen Verhältnisse womöglich mit einem Schlage zu ändern; ist Ihnen davon etwas bekannt? – Zeuge: Eine solche Absicht bestand entschieden nicht, weder bei uns, dem Ausschuß, noch bei den Angeklagten, die nie mit einem Worte eine solche Absicht ausgesprochen haben. Die Partei bekämpft das Autoritätsprinzip und kämpft für die Grundsätze der Gleichberechtigung aller Menschen, indem sie deren Durchführung

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  1. Vorlage: (Leipzeg)
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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/150&oldid=- (Version vom 15.3.2023)