Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 7 (1912).djvu/121

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

Hause gewesen ist. Nun ist zweifellos, daß der Mörder sein Opfer nach 6 Uhr morgens an den Fundort geschafft hat, auch aus diesem Grunde kann Josephsohn den Mord nicht begangen haben. Aber auch physische Gründe sprechen gegen die Schuld des Josephsohn. Dieser hatte schon einige Tage vor dem Morde eine böse Hand, so daß er nicht arbeiten konnte; er war mithin nicht in der Lage, eine solche Operation auszuführen. Es ist aber auch absolut unmöglich, daß Josephsohn, der bis zu seinem 14. Lebensjahre in der Fleischerei tätig gewesen und nun seit 5 Jahren sich in keiner Weise mehr mit der Fleischerei beschäftigte, eine solch geschickte Operation vornehmen konnte. Ich glaube damit den Beweis geführt zu haben, daß die beiden Boß und Hermann Josephsohn den Mord nicht begangen haben. Ich will Ihnen nicht zumuten, dem Zeugen Mankowski Glauben zu schenken, allein es gibt gewisse Momente, in denen auch Leute wie Mankowski die Wahrheit sagen, und das geschieht aus Furcht vor der kirchlichen und ewigen Strafe. Sie haben gehört, daß, als Kriminalkommissar Höft den Zeugen fragte, ob er schon zur Osterbeichte gewesen, er ausrief: „O mein Gott, mein Gott, ich habe gelogen, ich habe nicht Hermann Josephsohn, sondern Behrendt mit dem Sacke getroffen.“ Man muß den Umständen nach doch annehmen, daß in diesem Momente Mankowski die Wahrheit gesagt hat. Fest steht, daß Zilinski den Mankowski vollständig in seiner Gewalt hatte. Einmal wußte er ihm dadurch zu imponieren, daß er ihm sagte: Sage nur gegen die Juden und zwar gegen Josephsohn aus, dann werden die Juden vertrieben werden, dann wirst du die für die Entdeckung des Mörders ausgesetzte Prämie und auch noch Geld erhalten, das bereits von den reichen Herren für dich gesammelt wird. Außerdem wußte Zilinski den Mankowski in seine Gewalt zu bekommen, indem er ihm drohte, ein von ihm begangenes Verbrechen zur Anzeige zu bringen. Daß den Zilinski sein unendlicher Judenhaß bei seiner Handlungsweise

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/121&oldid=- (Version vom 9.4.2023)