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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

gejagt werden. „Im Interesse der Zukunft ihres geliebten Kindes und um drei Menschenleben zu retten“, bitte sie daher den Stadtrat, die Sache möglichst geheim zu halten. Ferner brachte der Vorsitzende einige Briefe zur Verlesung, die Grete Beier an Frau Schlegel gerichtet hatte. Frau Schlegel war nämlich die rechtmäßige Erbin der Hinterlassenschaft des Armenhausverwalters Kröner. Sie war durch die Manipulation der Grete Beier geschädigt worden. Als nun die Fälschungen und Betrügereien Grete Beiers herauskamen, wandte letztere sich brieflich an Frau Schlegel mit dem Ersuchen, sie möge sich mit der Zession der Erbschaft an sie (Grete Beier), einverstanden erklären. Ihr könne doch nichts daran liegen, daß ihr junges Leben vernichtet und daß sie wie eine Diebin und Verbrecherin bestraft werde. Wenn sie sich mit den Maßnahmen einverstanden erkläre, die sie (Grete Beier), in den gefälschten Briefen niedergelegt habe, dann sei es möglich, die ganze Affäre aus der Welt zu schaffen. In dem Briefe drohte jedoch Grete Beier der Frau Schlegel, sie werde sie, wenn sie darauf nicht eingehe, der Fälschung bezichtigen. – Vors.: Herr Wachtmeister, können Sie sich über den Leumund des Angeklagten Merker äußern? – Zeuge Fähndrich: Ich muß den Angeklagten Merker als schroffen und zurückhaltenden Charakter bezeichnen. Preßler dagegen war ein Ehrenmann in jeder Beziehung. Was die Familie Beier anlangt, so erfreute sie sich in Brand nicht des besten Ansehens. Rat und Stadtverordnete sahen dem alten Beier viel nach. Die Mutter galt direkt als schlecht, die Tochter Grete als hochmütig. Übrigens haben Merker und Grete Beier in der Untersuchungshaft bestimmte Punkte gehabt, an denen sie Gegenstände niederlegten und sich so miteinander verständigten. – Untersuchungsrichter Landrichter Dr. Mangler-Freiberg machte eingehende Bekundung über seine Wahrnehmungen in der Voruntersuchung. Die Angeklagte Kunze machte auf ihn zunächst einen sehr günstigen Eindruck. Später erfuhr er,

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 290. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/294&oldid=- (Version vom 1.8.2018)