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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

Geld gezahlt habe? Gerade ihr hätte ich zuerst das Geld zurückgezahlt, wenn ich etwas bekommen hätte, weil ich weiß, daß dieser Fall für mich sehr ungünstig ausgelegt werden konnte. Ich behaupte und ich bin bereit, es zu beschwören, wenn ich es dürfte: die Gustke hat hier einen ganz gemeinen Meineid geleistet! Als ich nach Berlin kam, hatte ich tatsächlich nichts. Ich mußte mich ausrüsten, um standesgemäß auftreten zu können, wie dies Tausende meines Standes auch tun würden, wenn sie die Absicht haben, als letztes Mittel eine reiche Heirat einzugehen. Ich bin der festen Überzeugung: wenn ich dies nicht getan hätte und hier mit einem Anzuge und einem Paar Stiefeln herumgelaufen wäre, so hätte der Staatsanwalt mir hieraus wieder einen Strick gedreht und gesagt: „Hier seht ihr’s ja. Der Angeklagte hat ja gar keine Absichten gehabt, zu heiraten, sonst wäre er nicht so herumgelaufen, sondern hätte versucht, sein Äußeres so zu gestalten, daß er Eindruck macht!“ Ich kann nur immer wieder sagen: Ich war leichtsinnig, ich habe Schulden gemacht, aber ich habe nicht betrogen. Ich hatte die Absicht, mich zu rangieren, und habe dies ja auch getan. Ist vielleicht die große Schauspielerin Claire Vallentin nicht noch mehr, wie die Dolly Pinkus, die das Glück hat, Millionen zu besitzen, die ihr Vater erschachert und gestohlen hat, wie die eigene Mutter der Dolly erklärt hat? Ist denn das Geld allein immer nur maßgebend? Ich hätte ja in Wien von meinem Gehalt allein den kleinen Rest der Schulden bezahlen können. Es wird mir doch niemand zutrauen, daß ich so töricht sein würde, 50 000 Mark an Roeder und 26 000 Mark an die Metallindustrie Schönebeck noch zu zahlen. Das Wenige, was übrigbleibt, konnte ich aus eigener Kraft tilgen. Alles, was zu meinen Gunsten spricht, wird außer acht gelassen, aber das, was mir ungünstig ist, wird auseinandergetreten. Ich selbst als armer Mensch bin ja gar nicht angeklagt, aber der Name Metternich ist hier angeklagt. Das fühle ich in meinem Innern.

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 266. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/270&oldid=- (Version vom 2.1.2023)