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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

schienen auch derartig, daß der Mann ihm leid tat; es ließ sich aber beim besten Willen nicht anders tun. Er tröstete Dr. Ries und sagte ihm: er werde bei der ersten besten Gelegenheit zurückversetzt werden. – Vert. R.-A. Greving: Konnte das Dr. Ries als Trost ansehen? – Zeuge: Doch. – Auf weiteres Befragen des Verteidigers bemerkte der Zeuge: Dr. Ries war ein sehr tüchtiger Lehrer von durchaus ehrenwertem Charakter, den Direktor Steinvorth sehr ungern fortgab. – Gymnasialoberlehrer Professor Dr. Schuster: Die Ernennung des Oberlehrers Früstück zum Direktor wurde allgemein als glücklicher Griff angesehen. Dagegen wurde die Versetzung des Dr. Ries nach Jever allgemein als Strafversetzung aufgefaßt, zumal weil sie plötzlich und mitten im Schuljahr erfolgt war. – Auf Befragen des Vert. R.-A. Greving äußerte der Zeuge: Wir faßten den Titel „Oberlehrer“ als Standesbezeichnung auf und waren deshalb erregt, daß auch nicht akademisch gebildete Lehrer den Titel „Oberlehrer“ erhielten. – Gymnasialdirektor Dr. Kuhlmann-Jever: Er kannte Dr. Ries, als er noch in Oldenburg war. Dieser sei ein sehr tüchtiger Lehrer und ehrenwerter Charakter gewesen, sodaß er ihm eine Handlungsweise, deren er beschuldigt werde, nicht zugetraut hätte. Dr. Ries habe sich mehrfach über seine Versetzung nach Jever beklagt, da einmal in Oldenburg seine Eltern wohnten und er andererseits pekuniär geschädigt war. – Gymnasialoberlehrer Professor Dr. Schauenburg-Jever: Dr. Ries sei ihm ein sehr lieber Kollege und Freund und sehr ehrenwerter Charakter gewesen. Dr. Ries habe seine Versetzung nach Jever als Strafversetzung aufgefaßt. Er habe gesagt, er sei dadurch von seinen Eltern und Geschwistern getrennt und habe auch pekuniären Schaden. – Vert. R.-A. Greving: Ist Ihnen bekannt, daß Dr. Ries jeden Sonnabend nach Oldenburg fuhr und stets seinen Eltern etwas mitbrachte? – Zeuge: Jawohl. – Buchhändler Max Schmidt (Oldenburg): Er sei Reserveoffizier und habe auch vielfach im hiesigen

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/64&oldid=- (Version vom 6.5.2024)