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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

Ich wußte auch nicht, daß Dr. Ries der Verfasser der Denkschrift war. Das Vorkommnis, betreffs meines Sohnes, ist vollständig falsch dargestellt. Mein Sohn hatte mit einem gleichaltrigen Knaben, den er von Kindesbeinen an kannte, auf dem Wege von der Schule in die elterliche Wohnung eine Prügelei. Dr. Ries, der Klassenordinarius meines Sohnes, kam hinzu und sagte zu diesem: Du verdientest hier eine Strafe; mit Rücksicht auf Deine bisherige gute Führung will ich aber von einer Bestrafung Abstand nehmen. Die Eltern des geprügelten Knaben führten jedoch Beschwerde bei dem Direktor. Dieser kam am folgenden Morgen in die Klasse und verfügte, meinem Sohn einen Strafzettel auszustellen. Dr. Ries hatte die Bestimmung getroffen gehabt, daß die Ausstellung eines Strafzettels eine Stunde Nachsitzen zur Folge hatte. Ich hatte also gar keine Ursache, dem Dr. Ries zu zürnen. Geärgert habe ich mich bloß, daß der Direktor über den Kopf des Ordinarius hinweg eine Strafe verfügte. – Ich betone ausdrücklich, ich hatte absolut nichts gegen Dr. Ries. Ich sagte noch: Wenn es sich wieder tun lassen sollte, dann werde ich den Dr. Ries nach Oldenburg zurückberufen. Wäre Dr. Ries einmal bei mir vorstellig geworden, dann hätte ich vielleicht seine Rückberufung sehr bald wieder veranlaßt. – Vors.: Dr. Ries ist aber niemals bei Ihnen gewesen? – Zeuge: – Nein. – Auf ferneres Befragen äußerte der Minister: Ich habe mit dem Direktor Früstück, der, ebenso wie ich, Reserveoffizier ist, nach einem gewöhnlich alle vier Wochen stattgefundenen Liebesmahl zumeist im Zivilkasino gespielt. Es ist auch möglich, daß ich mir von Herrn Direktor Früstück einmal Geld geliehen habe, es ist mir aber absolut nicht erinnerlich, daß ich zu Fr. gesagt habe, ich werde mich dafür revanchieren. Es ist doch vollständig ausgeschlossen, daß ich daran gedacht habe, ich werde Herrn Früstück, wenn ich Minister werden sollte, befördern. Ich habe zur Beförderung des Herrn Direktors Früstück in keiner Weise beigetragen. Als in Birkenfeld Direktor Back gestorben

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/55&oldid=- (Version vom 29.4.2024)