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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3

Gegen 7 Uhr Abends besuchte ich meinen Schwager Berg. Wir gingen dann zusammen in einen Gasthof, wo ich 3 bis 4 Glas Bier und auch einige Schnäpse trank; ich war aber vollständig nüchtern, als wir zurückgingen, um noch bei Berg Karten zu spielen. Hier trank ich noch einen Rum und ging dann gegen 10 Uhr Abends weg. Als ich die Danziger Straße entlang ging, wollte ich eine Prise nehmen. Dabei fiel mir der Pfropfen des Schnupftabakfläschchens auf die Erde und ich bückte mich, um ihn zu suchen. Währenddem kam ich mit dem Kopf einem Kellerfenster nahe und hörte dahinter ein Gemurmel. Auch sah ich einen Lichtschimmer durch die Ritze des verhängten Fensters scheinen. Das machte mich stutzig und aufmerksam. – Vors.: Das war doch aber nichts Auffälliges? Solchen Lichtschimmer sieht man doch öfter? – Angekl.: Es war doch aber schon nach 10 Uhr, auch war das mehr wie ein Gemurmel, es klang wie eine Art Geheul: Hoh! Hoh! Oh! Oh! – Vors.: Angeklagter Maßloff, überlegen Sie sich genau, was Sie hier sagen. Sie haben sich früher wiederholt widersprochen bei der Erzählung dieser Sachen. – Angekl.: Das ist keine Lüge, das ist die Wahrheit. – Vors.: Sie haben in der Voruntersuchung vor dem Landrichter Dr. Zimmermann ausgesagt, Sie hätten bei Bergs nicht bloß einen Rum, sondern außerdem 3 Schnäpse getrunken. Es kommt sehr darauf an, ob Sie vielleicht an jenem Abend betrunken waren. - Angekl.: Ich war vollständig nüchtern. – Vors.: Weiter haben Sie in der Voruntersuchung ausdrücklich gesagt: Meine frühere Aussage, daß ich durch den Lichtschimmer auf die Vorgänge im Keller aufmerksam geworden sei, ist falsch. – Angekl.: Jawohl, aber ich habe den Lichtschimmer deutlich gesehen. – Vors.: Was haben Sie dann getan? – Angekl.: Ich horchte am zweiten Fenster. – Vors.: Haben Sie sich dabei niedergebeugt? Überlegen Sie sich das genau. – Angekl.: Ich bin niedergekniet und habe mich auf die linke Hand gestützt. Dann brachte ich mein

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/97&oldid=- (Version vom 2.2.2023)