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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3

Ahnung davon, daß es nur des Geldes halber geplant worden war. Die Tarnowska beherrschte alle Männer, und selbst Komarowski erklärte sich in einem Briefe an sie bereit, für sie ein Verbrechen zu begehen. Dem ganzen Plan zum Verbrechen stand Naumow fern, ja, er war sogar abwesend, als der Plan gefaßt und ausgearbeitet wurde. Selbst als er aufs höchste gereizt worden war, dachte er nicht daran, Komarowski zu ermorden, sondern wollte ihn fordern. Erst als die Tarnowska ihn auf das Grab Stahls geführt und ihm die Ergebenheit Borgewskis und Trubetzkoys vorgehalten hatte, war er zum Verbrechen bereit. Nach der Tat aber brach er sofort reuevoll zusammen. – Advokat Dr. Lazzatti suchte nachzuweisen, daß Prilukow nur infolge der Künste der Tarnowska gefallen sei. Ehe er sie kannte, war er ein ganz anderer Mensch. Nachdem er schon seine Familie und seine Praxis verloren hatte, wollte er wenigstens seine Ehre retten und machte einen Selbstmordversuch. Er wurde gerettet und kehrte zu seiner Familie zurück, aber die Tarnowska zog ihn wieder an sich und stieß ihn die schiefe Ebene hinunter. Der Verteidiger behauptete dann: 1. die Tarnowska hat den Plan allein ausgedacht und ihn vor Prilukow in der ersten Periode verborgen; 2. Naumow wurde von der Tarnowska zum Verbrechen vorbereitet, ohne daß es Prilukow wußte; 3. die Tarnowska veranlaßte ohne Wissen Prilukows den Komarowski, sich zu versichern und sein Testament zu machen, und 4. wollte die Tarnowska diesen Plan ausführen, auch wenn Prilukow stürbe; ja sie wollte sogar den Tod Prilukows. Die Tarnowska war die „Generalin“, Naumow, Prilukow und sogar Komarowski ihre gehorsamen Soldaten. Dann verlas Advokat Luzzatti den schon vom Advokaten Driussi erwähnten Brief Komarowskis an die Tarnowska: „Um Dich mein zu nennen, bin ich sogar zum Verbrechen bereit, Dein Gatte zu werden und dann ins Zuchthaus zu gehen.“ – Rechtsanwalt Dr. Feder: Sagen Sie keine solche Dummheiten. – Luzzatti: Die Dummheiten sagen Sie. – Man

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/77&oldid=- (Version vom 5.1.2023)