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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3

das Verbrechen auch als „slavisch“ entschuldigen wollen, aber dabei nicht bedacht, daß auf dem italienischen Thron eine Slavin sitzt. Der Vertreter der Nebenkläger gab dann ein langes Exposé über den Lebenslauf der Tarnowska und die Geschichte des Verbrechens. Der Tatbestand sei klar und lasse keinen Zweifel, daß alle Angeklagten schuldig seien und vorsätzlich gehandelt hätten. Die durch die sieben Schußwunden hervorgerufene Bauchfellentzündung allein habe den Tod Komarowskis hervorgerufen. Naumow hätte ohne den von der Tarnowska erhaltenen Antrieb nicht gehandelt, Prilukow sei kein Komplize, aber mitschuldig, da er Naumow nicht zurückhielt, als dieser in Komarowskis Haus ging, und die Tat geschehen ließ. Er glaube nicht an die lange Krankheitsgeschichte der Tarnowska; diese Angeklagte sei immer gereist, aber nicht, um Heilbäder aufzusuchen, sondern nach den Orten, wo Neuropathen sich zerstreuen können. Während für den Leumund Prilukows angesehene Zeugen wie der Präsident Pisarew, der Ingenieur Toburno und der Advokat Manowsky eingetreten sind, habe die Tarnowska Entlastungszeugen nur unter ihren Verwandten und Dienern gefunden, obwohl sie 20 000 Franken für die Kosten der Zeugenvernehmung hinterlegte. Schließlich wandte sich Rechtsanwalt Dr. Feder noch heftig gegen die Perier, die der Tarnowska jedweden Dienst geleistet habe, ohne auch solche Leistungen zu verweigern, denen sich eine Frau mit auch nur einer Spur von Moralität entzogen hätte. Der Lebensversicherungsantrag war das Todesurteil des Grafen. Die Tarnowska hat daraufhin alles in Bewegung gesetzt, um den Mordplan zu beschleunigen. Diese dämonische Frau suchte erst die Männer physisch zu vernichten, um sie willenlos zu machen, und wenn sie dann keinen Widerstand mehr leisten konnten, bediente sie sich ihrer für die eigenen Zwecke. Der Vertreter der Nebenkläger verlas hierauf die zwischen der Tarnowska und Prilukow gewechselten Telegramme, in denen die ersten Fäden des Verbrechens zu finden seien. Er erinnerte

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/73&oldid=- (Version vom 5.1.2023)