Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 3 (1911).djvu/40

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3

bin, und nur tat und unterließ, was er wollte. Ich habe aber bis zum letzten Augenblick geglaubt, Naumow werde die Tat nicht ausführen. Vors.: Aber Prilukow hatte Ihnen doch telegraphiert, wenn Naumow den Grafen nicht ermorde, werde er selbst es tun. Tarnowska: Alles war eine Folge des Verbrechens. Die Ärzte werden es erklären. Die Angeklagte gab auch zu, daß sie bis zum letzten Augenblick an Komarowski Telegramme gesandt hatte, in denen sie ihn mit Versicherungen ihrer Liebe überhäuft habe. Vors.: Wer hat zuerst von der Beseitigung des Grafen Komarowski gesprochen? Tarnowska: Prilukow. Am letzten Tage meines Aufenthaltes in Wien sagte er mir, es wäre gut, den Grafen umzubringen. Er würde selbst die Mordtat begehen, aber er fürchte, daß ich ihn dann nicht mehr lieben werde, wenn er einen Menschen umgebracht habe. Deshalb sei es besser, wenn Naumow die Tat begehe. Diesem seinem Plane entsprachen auch seine Briefe und Telegramme an mich, in denen er Naumow mit dem Namen „Berta“ und Komarowski mit dem Namen „Adele“ bezeichnete. Ich reiste dann ab. Die Angeklagte erklärte ferner auf Befragen des Vorsitzenden: Sie habe den Ratschlägen Prilukows blind gefolgt. So mußte sie Naumow die falsche beleidigende Depesche zeigen. Sie habe Naumow nie gesagt, daß er sie von Komarowski befreien solle. Er habe auch nie davon gesprochen, daß er den Grafen zum Duell herausfordern wollte. Die Depesche an Prilukow: „Das Telegramm hat glänzende Wirkung gehabt“, bedeutete, daß die anonyme Depesche Naumow gegen Komarowski sehr aufgebracht habe. Prilukow war es auch, der die Depesche an Naumow durchsetzte, des Inhalts, daß sie entschlossen sei, Komarowski zu heiraten. Es ist nicht wahr, so fuhr die Angeklagte fort, daß ich mit Naumow am 23. August nach dem Theater die Nacht verbracht habe. Aber an diesem Tage unterrichtete ich ihn, wie er den Komarowski in Venedig antreffen und ermorden könnte. Dann sollten wir uns

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/40&oldid=- (Version vom 28.12.2022)