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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3

„Ich suchte mein Ideal!“ Vors.: „Und Komarowski bat inzwischen um ihre Hand?“ Auf weitere Fragen des Vorsitzenden schilderte dann die Angeklagte die folgenden Vorgänge bis zur Ermordung Komarowskis in dem Hause am Campo San Giglio in Venedig. Ihre Erzählung stimmte im großen und ganzen mit den Angaben Prilukows überein. Nur behauptete sie in direktem Widerspruch zu seinen Aussagen, Prilukow sei es gewesen, der ihr die Idee mit der Lebensversicherung und dem Testament Komarowskis eingab! Ebenso versicherte sie, wieder im Gegensatz zur Darstellung Prilukows, letzterer habe sie dazu gedrängt, den Mord durch Naumow ausführen zu lassen. Sie habe schwachen Widerstand geleistet, aber sich dann dem Willen Prilukows gefügt. Mit dem Geständnis ihrer Mitschuld an dem Verbrechen schloß die Gräfin ihren langen Bericht unter ungeheurer Bewegung im Zuhörerraum. In ihrer fortgesetzten Vernehmung erklärte die Angeklagte Tarnowska: Als ich dem Naumow das Telegramm mit der angeblichen Unterschrift Komarowskis zeigte, hegte ich immer noch die Hoffnung, Prilukow habe seinen Gedanken, daß Komarowski getötet werden müsse, wieder aufgegeben. Daß ich an Prilukow telegraphiert habe, er solle sein Möglichstes tun, um Naumow zur Ausführung des Mordes zu bewegen, ist richtig. Aber ich habe auch, als ich in Moskau dem Naumow genaue Anweisungen gab, wie die Mordtat vollbracht werden soll, nur dem Willen Prilukows gehorcht. Und es ist nicht wahr, daß ich in Moskau eine Nacht mit Naumow zugebracht hätte. Als Naumow von Moskau nach Venedig unterwegs war, um dort das verabredete Verbrechen auszuführen, habe ich ihm nach Warschau und Wien Telegramme mit den Beteuerungen meiner Liebe gesandt; aber auch das geschah nur auf den Rat Prilukows. Vors.: Da Sie die Gefahr kannten, die über Komarowski schwebte, warum haben Sie ihn nicht gewarnt? Tarnowska: Weil ich ganz und gar der Gewalt von Prilukows Willen untertan gewesen

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/39&oldid=- (Version vom 28.12.2022)