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sind weg: und der Dunst ist zerflattert. Weggekommen sind sie nach meinen Artikeln. Ich bitte, endlich sich einmal von dem Gedanken loszumachen, hier handle sich’s um die Bekämpfung und Entschleierung Homosexueller. Die Angegriffenen waren Spiritisten, meinetwegen Theosophen, Mystiker, Leute, die kranke Menschen und Tiere durch Gebete heilen wollten und von denen einzelne auch sexuell abnorm waren. Wird etwa geleugnet, daß solche Abnormität auf die Gesamtpsyche wirkt? Lassen Sie sich von der wissenschaftlichen Literatur, von Krafft Ebing bis auf Kraepelin, belehren! Daß solche „Männer“ von Eulenburg an solche Stelle gebracht wurden, war ein nationales Unglück. Dadurch ist die Atmosphäre entstanden, die eine so schwache, eine so weiche Politik, eine so verhängnisvolle Täuschung über die Realitäten ermöglichte. Und da einzugreifen, war nach meiner Überzeugung meine Pflicht. Daß es dabei zu Enthüllungen kam, die Menschenleben vernichteten, ist nicht meine Schuld. Ich habe niemanden denunziert; trotzdem ich mir dadurch manches erspart hätte. Habe ich nicht hier in diesem Saal gesessen und den biederen Eulenburg ruhig schwören lassen? Ich hätte ihn jeden Moment vernichten können. Heute wissen Sie es. Ich wollte nicht. Ich habe Justizrat Bernstein gebeten, ruhig zu sein, als er aufspringen und sagen wollte: Sie haben falsch geschworen, Herr Fürst. Ich wollte und konnte Ihr Urteil abwarten. Dann, nach den Hymnen, den Barettorgien, dem Urteil, das mich entehren sollte, mußte ich handeln. Hätte ich’s nicht getan, so wäre Eulenburg, als ein Gereinigter, am Ende gar in die Gunst zurückgekehrt. Das durfte nicht sein. – Auf nochmaliges Befragen erklärte Harden wiederholt: Er habe dem Grafen Kuno von Moltke den Vorwurf der Homosexualität nicht gemacht und auch nicht machen wollen, er sei daher der Meinung, daß sich eine Beweisaufnahme erübrige. – Der Verteidiger Justizrat Bernstein und der Vertreter des Nebenklägers, Justizrat Dr. Sello schlossen sich dieser Erklärung an. – Graf Kuno von Moltke