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mit dem Fürsten Eulenburg, als dieser preußischer Gesandter in München war, Dinge getrieben haben, die im Sinne des § 175 des Str.-G.-B. strafbar seien. Aus Anlaß dieser im April 1908 vor dem Münchner Schöffengericht eidlich erhärteten Bekundungen wurde gegen den Fürsten Eulenburg das Strafverfahren wegen wissentlichen Meineids und versuchter Verleitung zum Meineid eröffnet und auch die Verhaftung des Fürsten beschlossen. Letztere stieß allerdings wegen des Krankheitszustandes des Fürsten auf große Schwierigkeiten. Der Fürst mußte sofort nach seiner Verhaftung in der königlichen Charité in Berlin untergebracht werden. Am 27. Juni 1908 begann die Verhandlung gegen den Fürsten Philipp Eulenburg vor dem Schwurgericht des Landgerichts I wegen wissentlichen Meineids und versuchter Verleitung zum Meineid. Den Vorsitz des Gerichtshofes führte Landgerichtsdirektor Kanzow. Die Anklage vertraten Oberstaatsanwalt Dr. Isenbiel und Staatsanwalt Raasch, die Verteidigung hatten Justizrat Max Wronker und Justizrat Ludwig Chodziesner übernommen. Der Angeklagte mußte täglich in einem Koppschen Krankenwagen, unter persönlicher Leitung des Herrn Kopp, von der Charité nach dem alten Moabiter Gerichtsgebäude gefahren und alsdann in den im ersten Stock belegenen großen Schwurgerichtssaal getragen werden. Die Verhandlung fand wegen Gefährdung der öffentlichen Sittlichkeit unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt. Dem Vernehmen nach wurde Fürst Eulenburg sehr belastet. Der Angeklagte bestritt mit großer Entschiedenheit, schuldig zu sein; er behauptete: die beiden Münchner Zeugen und einige andere seien von der Gegenseite beeinflußt. Nach etwa 12tägiger Verhandlung erklärten die Ärzte: Es sei unmöglich, den Angeklagten nach dem Schwurgericht zu bringen, ohne seine Gesundheit aufs ärgste zu gefährden. Es wurde deshalb dem Gericht in der Charité ein Sitzungssaal zur Verfügung gestellt und in diesem, nachdem der Angeklagte, im Bett liegend, in den Saal getragen war, die Verhandlung