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Richtung hin unzweifelhaft in seinen Willen aufgenommen und ist strafrechtlich dafür verantwortlich zu machen. Es sind dies Tatsachen, die geeignet sind, den Nebenkläger verächtlich zu machen und ihn in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Schon durch den bloßen Vorwurf homosexueller Neigung wird nach der Auffassung aller normaldenkenden Volkskreise der davon Betroffene in seinem moralischen Wert herabgesetzt; geradezu verächtlich aber wird er, wenn er diese Neigung betätigt. Der Makel wird um so größer, wenn es sich um einen Mann handelt, der vermöge seiner hervorragenden Stellung dienstlich und moralisch vorbildlich wirken soll. Die mündliche Verhandlung hat nun ergeben, daß der gegen den Grafen Moltke erhobene Vorwurf nicht nur nicht erweislich wahr, sondern direkt unwahr ist. Graf Moltke hat eidlich bekundet, daß er nicht in unsittlicher Neigung zu Männern hingezogen wird und nicht normwidrige Gelüste an sich gespürt, geschweige denn betätigt hat. Die Beweisaufnahme hat auch nicht den geringsten Anlaß gegeben, an der Richtigkeit dieser Erklärung zu zweifeln. Graf Eulenburg hat ebenfalls eidlich bekundet, daß zwischen ihm und dem Grafen Moltke lediglich ein rein ideelles Freundschaftsverhältnis besteht, welches, in jungen Jahren in jugendlicher Schwärmerei geschlossen, durch gemeinsame künstlerische Bestrebungen sich immer mehr gestaltet und bis ins Alter den idealistischen Zug beibehalten hat. Von Erotik ist dabei keine Spur. Auch Frau v. Elbe hat eidlich bekundet, daß sie den Grafen Moltke nicht für homosexuell hält, daß sie auch keine Momente dafür anführen kann, die auf Erotik, namentlich gegenüber dem Fürsten Eulenburg, schließen lassen. Ebensowenig kann aus dem Eheleben des Nebenklägers irgendein Anhalt für homosexuelle Veranlagung entnommen werden. Aus Äußerungen, die vom Grafen Moltke zu seiner Gattin im engsten Familienkreise gemacht sind und Ausbrüche schlechter Stimmung und Gereiztheit darstellen, ist auf homosexuelle Veranlagung gar nicht zu schließen. Von