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hat von diesem Rechte Gebrauch gemacht, indem er über Frau von Heyden, welche ebenfalls ihre Aussage beeidigt hatte, gesagt hat: „Als Zeugin glaube ich ihr kein Wort.“ Auch Fürst Eulenburg muß es sich als Zeuge gefallen lassen, daß seine Aussage bezweifelt wird, daß gegen ihn Argumente vorgebracht und Gegenbeweis durch andere Zeugen geführt wird. Solche Argumente hat die Verteidigung vorgebracht, solchen Gegenbeweis durch andere Zeugen, die sie dem Gericht genannt hat, angeboten. Im gegenwärtigen Augenblick besteht die Verteidigung nicht darauf, daß diese Argumente jetzt einzeln diskutiert und diese Beweise jetzt erhoben werden, da es sich hier zunächst nicht um den Fürsten Eulenburg, sondern den Herrn Grafen Moltke handelt. Aber dem Gericht ist gesetzlich jederzeit die Erhebung jedes Beweises freigestellt. Die Verteidigung hat nichts dagegen. Damit ist wohl auch die Frage der mir angesonnenen Abbitte erledigt. Wenn ich in irgendeinem Falle mich überzeugen würde, daß ich als Verteidiger durch ungünstige Beurteilung einer Zeugenaussage mich geirrt, so würde ich, aus Gründen der Billigkeit, es offen aussprechen. Aber auch dann würde ich das Bedauern, dem allgemeinen Menschenlose des Irrtums nicht entgangen zu sein, niemals in die demütigende Form einer Abbitte kleiden. Denn damit würde ich der für die Berufsausübung notwendigen und gesetzlich gewährleisteten Prärogative der Verteidigung etwas vergeben. Ich würde damit gegen die Anwaltspflicht, welche mir die Aufrechterhaltung der Würde meines Standes gebietet, mich verfehlen. Hier kommt all dies überhaupt nicht in Frage: Die Verteidigung hat eine Zeugenaussage bezweifelt und Gegenbeweis angeboten. Das ist ihr gesetzliches Recht. Fälle, in denen die Staatsanwaltschaft sogar freigesprochenen Angeklagten Abbitte geleistet, sind mir übrigens vollkommen unbekannt. (Heiterkeit.) – Nun noch ein Wort über die Person des Angeklagten, von der vor Gericht bisher in dieser Verhandlung sehr wenig die Rede war. Ich will gar nicht