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hier ein hochwichtiger Zeuge, Fürst Bismarck, der längst im Grabe ruht, angeführt worden, der zu ihm selbst, zu Dr. Liman, Geh. Rat Schweninger und seinem Sohne Herbert ein gewisses Wort, auf den Fürsten Eulenburg bezüglich, gebraucht haben soll. Ich verehre den großen Altreichskanzler im Innersten meines Herzens, aber auf dieses eine Wort des Fürsten Bismarck würde ich es nicht wagen, irgend jemand etwas Schlechtes nachzusagen. Mit einem Schimpfwort kann man doch nicht einem Menschen Zeit seines Lebens einen untilgbaren Mangel anheften. Das von Bismarck gebrauchte Wort „Kinäde“ soll übrigens, wie mir von durchaus sachverständiger Seite versichert worden ist, auch mit der Bedeutung „Weichling“ gebraucht werden. Selbst wenn aber Fürst Bismarck das Wort in der schlimmsten Bedeutung gebraucht hat, so folgt daraus noch nicht das mindeste für eine Verfehlung des Fürsten Eulenburg. Der Oberstaatsanwalt wiederholte dann die von ihm abgegebenen Mitteilungen über die Aktion des Freiherrn v. Berger zur Verständigung zwischen Harden und Eulenburg. In einem offenen ehrlichen Kampfe würde man dem Fürsten Eulenburg nichts anhaben können. Zu bemängeln sei auch ein Artikel in der Zukunft vom 30. November, in der die bekannte Geschichte des meineidigen Ritters Lindenberg erzählt wird unter der Überschrift „Lindenberg und Liebenberg“, obwohl Fürst Eulenburg schon am 6. November den Eid im Bülowprozeß geleistet hatte. Auch die Aussage des Kriminalkommissars v. Tresckow, der erklärte, er habe nicht die Genehmigung, von Gerüchten über den Fürsten Eulenburg auszusagen, sei nicht so aufzufassen, wie es Justizrat Bernstein aufgefaßt habe. – Verteidiger Justizrat Bernstein: Ich bin dem Fürsten Eulenburg nicht feind, ich habe gegen ihn nicht das geringste Gefühl der Animosität. Hier aber ist er einfach Zeuge. Gericht, Staatsanwalt und Verteidigung sind vollkommen frei in ihrer Beweiswürdigung. Sie haben das Recht, auch einem beschworenen Zeugnis den Glauben zu versagen. Auch der Herr Oberstaatsanwalt