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Oberstaatsanwalt Dr. Isenbiel: Wenn man die Verteidigung hört, muß man sich wundern, daß Graf Moltke nach Kenntnisnahme der Artikel sich nicht hingesetzt hat, um dem Angeklagten herzlich zu danken. (Heiterkeit.) Das ist doch eine Interlinear-Akrobatik. Harden selbst hat zugegeben, daß er Spott und Hohn anwenden wollte, um die Herren aus der Nähe des Kaisers zu bringen. Es hat keine Gruppe bestanden, die Herrn Harden zu seinen Artikeln veranlassen konnte. Die Existenz einer solchen Gruppe besteht nur in dem Hirn des Herrn Harden. Die Gruppe ist ein Irrtum von ihm, ebenso die Beleuchtung der Homosexualität. Herr Graf Moltke ist ein gänzlich unpolitischer Mann, wie Harden selbst nicht bezweifelt. Ein Mann, der eine solche Macht besitzt, wie ein Redakteur der „Zukunft“ – mehr Macht, wie ein kommandierender General – ist zu allergrößter Vorsicht verpflichtet, und diese hat der Angeklagte nicht geübt, denn er ist auf das Geschwätz einer hysterischen Frau reingefallen! Davon kann ihn kein Wasser reinwaschen. Der Oberstaatsanwalt bedauerte im weiteren Verlauf, daß die elende Verdächtigung gegen den Fürsten Eulenburg noch immer nicht ganz zurückgezogen werde und suchte nachzuweisen, daß Fürst Bismarck, selbst wenn er das Wort „Kynäden“ in dem schlechten Sinne gebraucht hätte, es doch schließlich nicht begründet hat und er sich doch auch getäuscht haben kann. Justizrat Dr. Sello: Keinem Menschen sei es eingefallen, dem Angeklagten bösen Glauben vorzuwerfen. Es müsse aber behauptet werden, daß er bei seiner Informationseinziehung objektiv, unparteiisch, sachlich nicht gewesen ist. – Die Verhandlung mußte einige Tage ausgesetzt werden, da der Angeklagte Harden erkrankt war. Als am 3. Januar 1908 die Verhandlung wieder aufgenommen wurde, kam es noch zu einer längeren Auseinandersetzung zwischen dem Oberstaatsanwalt Dr. Isenbiel und dem Verteidiger J.-R. Bernstein über den Fürsten Eulenburg. Oberstaatsanwalt Dr. Isenbiel führte aus: Von Herrn Harden ist