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Der Oberstaatsanwalt verweist auf das Ausland und auf den Jubel, den die zur Sprache gebrachten Dinge dort verursacht haben. Dabei ist auch mein Verhalten ein wenig gerügt worden. Nun, ich kann in der Form fehlen – das hat doch aber gar nichts mit der Sache zu tun, wenn die Verteidigung zu wenig höflich ist. Ist denn Harden an den Zuständen schuld, die in jener Verhandlung enthüllt wurden? Nein! Ein Schriftsteller kann seinem Vaterlande keinen größeren Dienst leisten, als wenn er auf Mißstände aufmerksam macht, die im Vaterlande herrschen. Ist es denn beklagenswert, daß die Adlervilla geschlossen ist und diejenigen entfernt sind, die der Kriegsminister mit Recht „Buben“ nannte? Düngerhaufen muß man entfernen, nicht zudecken! Die Krankheit ist das Übel, nicht der Arzt! Der deutsche Schriftsteller muß das Recht haben, auf Übelstände hinzuweisen, ohne sich eine Anklage zuzuziehen. Man sagt: die erste Verhandlung hat Schmutz in die Familien getragen. Einige Zeitungen kämpften in Leitartikeln gegen den Schmutz, und auf der zweiten Seite stand der ausführliche Verhandlungsbericht. Wer trägt denn den Schmutz in die Familie? Die Zeitungen haben allerdings nur ihrer publizistischen Pflicht genügen müssen, und da soll Harden auf der Anklagebank nicht das Recht haben, solche Dinge zur Sprache zu bringen? Harden hat von Anfang an gesagt, homosexuelle Dinge habe er vom Grafen Moltke nicht behauptet. Er war aber durch den Gang der Verhandlung gezwungen, schließlich etwaige Beweise dafür heranzuziehen. Ich meinerseits hätte eine Pflichtvergessenheit begangen, wenn ich mich von etwas anderem hätte leiten lassen, als von dem Interesse meines Klienten. Ich habe nichts getan, was ich nicht tun zu müssen glaubte, und mehr kann vor Gott und den irdischen Richtern niemand von mir verlangen. Was der Oberstaatsanwalt über die juristische Seite des neuen Verfahrens vorgebracht hat, ist mir nicht einleuchtend. Auch alle deutschen Rechtslehrer mit Ausnahme des Herrn v. Lilienthal-Greifswald