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bekommen, in der üblichen Form. Ich bin dankbar dafür Sr. Majestät, weil er mir dadurch die Freiheit gab, auf dem Wege der Klage vorzugehen, wie es meine Pflicht erfordert und meine Ehre. Ich will nicht auf die Schöffengerichtsverhandlung weiter zurückkommen, ich will nur betonen, daß sie mir noch qualvoller gewesen wäre, wenn ich sie in der Uniform hätte aushalten müssen, die ich seit 42 Jahren in Ehren getragen habe. Nun möchte ich noch mit einigen Worten eine Darstellung zerstreuen, wie sie auch die Darlegungen des Grafen Reventlow enthielten, nämlich, daß an unserem Hofe ein süßer, unmännlicher Ton geherrscht hätte oder überhaupt herrschen könnte. Ich bin hier im Augenblick der einzige im Saale, der persönlich durch lange Jahre hindurch darüber berichten kann und deshalb sich auch verpflichtet fühlt, davon Kenntnis zu geben. Ich habe sieben Jahre als Flügeladjutant und General à la suite Sr. Majestät Dienst getan und versichere demnach: Niemals hat ein süßer, unmännlicher Ton am kaiserlichen Hofe geherrscht. Dafür bürgt schon die frische ursprüngliche Persönlichkeit des Kaisers. Niemals hat ein Grüppchen existiert, niemals eine politische Zuträgerei, niemals eine Kamarilla; auch eine Tafelrunde hat nie existiert in der Art, wie sie der Angeklagte andeutete. Die Tafelrunde ist an unserem kaiserlichen Hofe die kaiserliche Familie mit den wenigen dazu Befohlenen, und das Bild dieser kaiserlichen Familie, zu dem das engere und weitere Vaterland mit Stolz und Hochachtung emporblickt, das wollen wir uns nicht verkümmern lassen. – Auf die Frage des Vorsitzenden erklärte Graf Moltke die Richtigkeit dieser seiner Aussage auf seinen Eid. – Verteidiger Justizrat Bernstein (München): Fast drei Stunden haben wir hier zwei glänzende Redner für die Schuld des Angeklagten sprechen hören. Bewiesen haben sie diese Schuld aber nicht. Man hat von allen möglichen Dingen gesprochen, von Katull bis zu den Spatzen im Grunewald, aber den Beweis, daß diese Artikel strafbare Beleidigungen