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Meine Herren, das ist der Mann, dem in der vorigen Verhandlung hier gesagt wurde, es wäre nicht anständig, tapfer, christlich und nicht deutsch, wenn man das Zeugnis der Frau v. Elbe als unwahr bezeichne. Das Herz muß sich einem zusammenkrampfen, wenn man diese dialektische Verdrehung hört. – Das ist der Mann, von dem hier gesagt worden war, er habe sich einer Lüge bedient, um seinen Rock zu behalten, das ist der Mann, von dem hier an bedeutungsvoller Stelle gesagt wurde: Auch Graf Moltke ist nicht ganz rein! Der hohe sittliche Ton des Herrn Oberstaatsanwalts wird allen hier ins Herz gedrungen sein, mit dem er die Persönlichkeit des Grafen Moltke in so trefflicher Weise charakterisierte. Wer reiner ist als er, der stehe hier jetzt auf. Der Paragraph 193 ist meines Erachtens auf den Angeklagten gar nicht anwendbar, es müßte denn ein Umschwung des Rechts eintreten. Ich werde mich in die Erörterung über das Strafmaß nicht einmischen. Auch der Nebenkläger will das nicht. Selbst das Leid dieser Tage hat in dieser Seele keinen Haß zu erregen vermocht. Ich meine aber, daß sich nicht bloß der kämpfende Journalist auf seinen Journalismus berufen darf, sondern daß auch wir uns eines gewissen Patriotismus rühmen dürfen. Kein Patriotismus lodert in heller Freude auf darüber, daß endlich die volle und ungetrübte Sonne des Rechts über dem Wirrsal dieses unheilvollen Prozesses aufzugehen im Begriff steht, die Sonne eines neuen Jahres, eines neuen Lebensjahres hoffentlich für uns alle, und daß diese Sonne den Namen Moltke, auf den jeder Deutsche stolz ist, in altem Glanze wieder herstellt. Ich hege die Überzeugung, daß die Tat, die wir hier in angestrengter Arbeit verrichtet haben, nicht im Dienste der Göttin Politik mit den leidenschaftlich verzerrten Zügen, deren Priester meinen, daß zur Bekämpfung des Gegners jedes Mittel recht sei, sondern im Dienste der Göttin Gerechtigkeit geschehen ist. Ich bin überzeugt, daß unser Vaterland diese Tat uns dermaleinst danken wird, danken, daß