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und mit feinsinnigem Verständnis hat Graf Moltke durch den Mund des Dichters um diese Blume geworben. Als er das Jawort erhielt, brach er in die rührenden Worte aus: „O, zu viel Glück für mich alten Knaben!“ Gleich den schleimigen Schneckenspuren zog sich die ekle Verleumdung hinter einem anderen Worte her – ein Märchen fürs Leben wollte sich Graf Moltke gewinnen. Die Ohren, die für Reinheit unempfänglich sind, haben hieraus sogar etwas herauskonstruiert. Herr Medizinalrat Dr. Hoffmann hat sich sehr richtig ausgedrückt, wenn er von einem Märchen sprach, das dann später die Krallen auszustrecken begann. Glauben Sie uns das eine, wir haben hier nicht den zehnten Teil aus dem Eheleben des Grafen Moltke zur Sprache gebracht. Unendlich viel Traurigeres, Schmählicheres könnten wir hier vorbringen, um die Ehegeschichte des Herrn Nebenklägers in dem richtigen Lichte darzustellen. Nicht wie ein Held der modernen Erzählungskunst hat Graf Moltke diese Sachen hier vorgebracht – nein, wie ein Held aus der alten guten Zeit hat Graf Moltke geschwiegen. Er hat geschwiegen, als ihn sein Freund, mit dem er in dem behaupteten so sehr nahen Verhältnis angeblich stehen sollte, fragte, woher die Spuren von Mißhandlungen kämen. Er hat die wahre Ursache verschwiegen und hat erklärt, das blaue Auge rühre von einem Sturz gegen eine Etagere her. Als Graf Moltke, an Leib und Seele gebrochen, seiner Schwester, der Gräfin Danckelmann, seine eheliche Leidensgeschichte eingestand und ihr an seinem linken Arm die blutigen Nageleindrücke zeigte, als die damalige Gräfin Moltke, wie ein Raubvogel seine Krallen, ihre Fingernägel in den Arm ihres gequälten Ehegatten eingeschlagen hatte – als da seine Schwester in gerechter Empörung über diese Vorgänge nach Breslau fuhr, um dort mit ihrem Bruder einen Rechtsanwalt aufzusuchen und die erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten auch da noch schwieg Graf Moltke. An der Tür des Anwalts kehrt er um, da er seine Schande nicht offenbaren wollte.