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gegeben, sondern sei sofort auf das übergegangen, was ihm wichtig schien. – Oberstaatsanwalt Dr. Isenbiel: Ich bitte, präzise die Frage zu beantworten: Hat Fürst Bismarck die Worte gebraucht: „Hintermänner im doppelten Sinne, auch im physischen?“ – Zeuge: Nein. – Hierauf wurde allseitig entgültig auf jede weitere Beweisaufnahme verzichtet. – Am folgenden Tage begannen die Plädoyers. Oberstaatsanwalt Dr. Isenbiel führte etwa folgendes aus: Herr Harden nahm an, daß sich in der Umgebung des Kaisers eine Gruppe hochstehender und einflußreicher Personen befunden habe, die dem Wohle des Vaterlandes abträglich gewesen sei. Er hielt sich für berufen, diese Gruppe zu sprengen. Wen er eigentlich zu dieser Gruppe rechnete, war nicht ganz klar. Er nannte Fürst Eulenburg und Graf Kuno v. Moltke. Er scheint ferner noch zu dieser Gruppe zu rechnen die Herren v. Varnbühler, v. Below, den französischen Botschaftsrat Lecomte. Auch der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Herr v. Tschirschky ist an einer Stelle erwähnt. Herr Harden glaubte jedenfalls in der Lage zu sein, den Fürsten Eulenburg und den Grafen Moltke vernichten zu können. Vor einigen Jahren hat er einige Kenntnis von dem Eheleben des Grafen Moltke und von nicht ganz verständlichen Andeutungen des Fürsten Bismarck erlangt. Auf dieser Grundlage glaubte er, der Gruppe perverse Geschlechtlichkeiten nachsagen zu können. Wegen dieser seiner Überzeugung ist er richterlich nicht zu bestrafen, sondern nur, weil er einen Teil seiner Überzeugung in der „Zukunft“ veröffentlicht hat. Er hat sich dabei in wenigen Zeilen mit dem ihm eigenen Geschick ausgedrückt. Herr Harden behauptet, er habe keine Beleidigung ausgesprochen, sondern den Herren nur eine normwidrige erotische Freundschaft nachgesagt. Aber auch das ist strafbar. Der Oberstaatsanwalt erörterte alsdann in eingehender Weise die inkriminierten Artikel und fuhr darauf fort: Soviel Rücksicht man auch auf krankhafte Triebe nehmen will, mag der § 175 aufgehoben werden oder nicht, der Vorwurf geschlechtlicher