Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 3 (1911).djvu/304

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

andere schwärmerische Ausdrücke vor, ohne jeden erotischen Beigeschmack. Gegen ein etwaiges Vorhandensein einer „unbewußten Homosexualität“ müßte man im vorliegenden Falle energisch Front machen, denn hier handelt es sich nicht um einen jungen Mann, sondern um einen Mann, der die Liebe selbst genossen hat und wissen muß, ob seine Freundschaft frei von erotischem Beigeschmack ist. Ich halte Homosexualität nicht für vorliegend. – Oberstaatsanwalt Dr. Isenbiel: Damit jeder Zweifel völlig ausgeschlossen ist, bitte ich, durch nochmalige Frage an den Herrn Medizinalrat festzustellen, daß nicht nur nicht genügend Gründe zur Annahme einer Homosexualität des Grafen Moltke vorliegend sind, sondern daß auch nicht der leiseste Grund zu dieser Annahme vorliegt. Medizinalrat Dr. Hoffmann bestätigte dies und erklärte auf weiteres Befragen: Es sei eine bekannte Tatsache, daß Hysterische ihre Stimmungen und Gefühle sehr leicht wechseln und vielfach aus einem Extrem in das andere fallen. So wie Frau v. Elbe ihren Mann früher geliebt habe, so hasse sie ihn jetzt. – Auf Befragen des Justizrats Kleinholz erklärte Dr. Hoffmann, daß es für einen Laien wie Herrn Harden sehr schwer, wo nicht unmöglich gewesen sei, den geistigen Zustand der Frau v. Elbe zu erkennen. Es sei möglich, daß sie auf Harden den Eindruck einer ganz gesunden Frau gemacht habe. – Vors.: Meinen Sie, daß Herr Harden, wenn er von den Ehescheidungsakten Kenntnis gehabt hat, bei der Annahme festhalten durfte, daß Graf Moltke homosexuell sei? – Medizinalrat Dr. Hoffmann: Wenn der Angeklagte die Gutachten in der Ehescheidungssache gelesen hatte, so mußte er sehr vorsichtig sein. – Justizrat Kleinholz: Glauben Sie, Herr Sachverständiger, daß der Angeklagte damit rechnen konnte oder mußte, daß ihm Frau v. Elbe die bewußte Unwahrheit mitteilen würde? – Medizinalrat Dr. Hoffmann: Herr Harden ist nicht der einzige und wird auch nicht der letzte sein, der von einer hysterischen Frau getäuscht wird. – Justizrat