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während der Zeit, wo die Gräfin mit mir und meiner Frau verkehrte, die Gräfin ziemlich genau kennen gelernt zu haben. Unsere Gespräche waren nicht nur rein konventionelle, sondern wurden allmählich sehr vertraulich insofern, als sie sowohl ärztliche Fragen als auch die ehelichen Zerwürfnisse betrafen. Meine Unterredungen auf ärztlichem Gebiete waren nicht von langer Dauer, da ich es im allgemeinen abgelehnt habe, Frau v. Elbe ärztlich zu behandeln. Von einer Trionalvergiftung bei Frau v. Elbe habe ich nichts bemerkt. Hysterie hielt ich für ausgeschlossen. Ihre Darstellung war ruhig, klar, kalt und gelassen und für eine in einen so schwierigen Prozeß verwickelte Frau sogar ungewöhnlich verständig und sicher abgegeben. Es ist mir nicht bekannt, daß sie sich selbst mitunter zu Boden geworfen, sich mit dem Körper gegen Möbel gewälzt und mit dem Kopf gegen die Wand gestoßen habe. Sie hat einmal betreffs des Verhältnisses des Grafen Moltke zum Fürsten Eulenburg in meiner Gegenwart ungefähr geäußert: „Der Graf hat den Fürsten mehr lieb als mich.“ Im übrigen sind mir Gerüchte über angebliche perverse geschlechtliche Neigungen im Kreise des Fürsten Eulenburg schon zu Lebzeiten des Fürsten Bismarck zu Ohren gekommen. Der Name des Grafen Moltke ist bei diesen Gerüchten nicht erwähnt worden. Tatsachen in dieser Richtung weiß ich nicht. Ich persönlich hatte den Eindruck, daß Graf Moltke ein süßlicher, weibischer Mann war, ein Eindruck, der meines Wissens in Schlesien und in der Bekanntschaft meiner Frau geteilt wurde. Ich kann mich erinnern, daß die Gräfin in meiner Gegenwart von den angeblichen Äußerungen ihres Gatten: „Frauen sind Klosetts“, „er wolle sie als Märchen haben“, erzählt hat. Auch Kosenamen ihres Gatten gegenüber dem Fürsten Eulenburg hat sie mir genannt. Die angebliche Taschentuchaffäre habe ich, wie ich glaube, erst aus den Zeitungen erfahren. Den Wunsch, Harden kennen zu lernen, hat die Gräfin uns, d. h. meiner Frau und mir, gegenüber geäußert. Sie sagte dabei, meiner