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Rachegefühl oder dem Wunsch, einen Menschen zu ärgern, geleitet worden, sondern von dem – vielleicht irrigen – Wunsche, mit dieser Sache und in dieser Situation dem Vaterlande nützlich zu sein. – Graf Reventlow bestätigte dies aus dem Eindruck, den er gewonnen, und bekundete auf verschiedene Fragen des Justizrats Bernstein, daß er Harden schon eine Reihe von Jahren kenne und fest davon überzeugt sei, daß dieser bei seinem Vorgehen unlautere Motive nicht gehabt habe. Er sei auch fest überzeugt, daß Harden bei allen seinen politischen Aktionen nur immer den Nutzen des Vaterlandes im Auge habe. Er habe in diesem Sinne an einige Zeitungen geschrieben, aber diese Bemühungen seien ohne Erfolg geblieben. – Oberstaatsanwalt Dr. Isenbiel: Offenbar waren diese Zeitungen anderer Meinung. – Graf Reventlow: Es gibt Zeitungen, die es nicht für opportun halten, ihre Meinung zu äußern, selbst wenn sie der Ansicht sind. – Oberstaatsanwalt Dr. Isenbiel wies nochmals auf Hardens Erklärung hin, daß er lieber ins Zuchthaus gehe, als sich mit dem Grafen zu vergleichen, Harden entgegnete, daß dies mit einem „Haß“ gegen den Grafen Moltke gar nichts zu tun habe. Er habe solchen Haß nie empfunden und empfinde ihn auch heute nicht. – In der folgenden Sitzung wurde die kommissarische Aussage des inzwischen in München vernommenen Geh. Medizinalrats Prof. Dr. Schweninger verlesen. Danach hat Geh. Rat Schweninger bekundet: er habe den Grafen Kuno v. Moltke, den Oheim seiner Gattin, Anfang der 1880er Jahre bei dem Obertribunalsrat Hollberger in Tutzing kennen gelernt. Es sei möglich, daß er einmal mit dem Grafen in Friedrichsruh ein längeres Gespräch geführt habe, jedenfalls sei er dem Grafen, mit dem er nur auf dem Höflichkeitsstandpunkt stand, nicht feindlich gesinnt. „Harden habe ich 1882 in Varzin kennen gelernt. Er wurde mir dort vom Fürsten Bismarck vorgestellt. Aus dieser Begegnung entwickelte sich ein dauernder Verkehr, der noch heute besteht. Wir duzen uns seit etwa drei bis vier Jahren. Harden