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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3

mit Geldanliegen kam, sah er sich genötigt, Klientengelder zu unterschlagen. Mittlerweile reiste die Tarnowska voraus ins Ausland und – (da sie sehr fromm war!) – ließ sie Prilukow vor Heiligenbildern schwören, daß er sofort nachkommen werde, sonst würde sie sich umbringen. Da auch er, Prilukow, sehr fromm sei, so sei er schleunigst nachgereist und habe sie in Wien eingeholt. Oft habe er später die Notwendigkeit erkannt, sich von der Tarnowska zu trennen, wiederholt verließ er sie auch, aber jedesmal kehrte er reuig zurück. Da Prilukow bei dieser Rede von Weinkrämpfen befallen wurde, mußte die Sitzung unterbrochen werden. Er erzählte dann, wie die Tarnowska häufig versuchte, ihn zum Selbstmorde zu verleiten. Beide waren damals in Berlin. In einem lichten Augenblicke beschloß er, mit dem Weibe zu brechen. Er floh nach München, von wo er aber der Tarnowska sofort die glühendsten Liebesbriefe schrieb. Nun reiste das Paar nach Venedig, wo sich Komarowski aufhielt. Eines Abends speiste dort die Gesellschaft im Hotel Lido. Plötzlich stand die Tarnowska auf und ging hinaus. Er folgte ihr, und draußen im Garten des Hotels sagte die Tarnowska zu ihm: „Ich kann diesen Menschen (Komarowski) nicht ausstehen, befreie mich von ihm, er muß vom Erdboden verschwinden.“ Dieselbe Aufforderung wiederholte die Tarnowska zu Prilukow, als sie später mit Komarowski und dessen Sohn und mit der Zofe Perier nach Wien fuhr. Im Wagenabteil, gewissermaßen unter den Augen Komarowskis, beschwor sie ihn, sie doch von ihm zu befreien. Die Tarnowska empfahl indessen, hierzu keinen Revolver zu gebrauchen. Beide erörterten die verschiedenen Methoden, um Komarowski ohne Geräusch zu beseitigen. Damals erwähnte auch die Tarnowska zum erstenmal den Namen Naumows. Dies erregte sofort seine Eifersucht. Im weiteren Verlauf berichtete Prilukow über die Art, wie die Tarnowska mit ihm die Vorbereitungen für die Ermordung des Grafen Komarowski traf. Zuerst

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/29&oldid=- (Version vom 25.12.2022)