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wird, sprechen Sie von „zwei Ästheten von verschiedener Sinnesrichtung“. Aus dem von Ihnen konstruierten Gegensatz muß man unbedingt herauslesen, daß eine Zuneigung zu dem männlichen Geschlecht bei meinem Vetter vorhanden sei. Ich bat Herrn Harden, mir seinen Standpunkt zu erklären. Herr Harden antwortete: Ich gebe zu, die fraglichen Artikel verfaßt zu haben, erkläre aber, daß ich sie nicht etwa aus gemeiner Sensationslust geschrieben habe, sondern im Interesse der allgemeinen politischen Lage, für das Gemeinwohl, um eine engere Verbindung zu sprengen, die geeignet ist, das Staatswohl zu gefährden. Ich habe mir die Überzeugung gebildet, daß Herr Graf Kuno v. Moltke nach männlicher Richtung hin sexuell veranlagt ist. Aus dem Kreise derjenigen, die mit Ihrem Vetter früher in sehr enger Verbindung standen, ist mir öfter gesagt worden, daß Graf Moltke anormal veranlagt ist. Die Gewißheit habe ich erst erlangt, als ich das in den Ehescheidungsakten vorhandene Material kennen lernte und Frau v. Elbe bei mir Schutz suchte. Ich (Zeuge) schaltete nun ein, daß jetzt aber ein ganz neues Moment in Erscheinung getreten sei. Ich erklärte Herrn Harden, daß mir mein Vetter am Abend zuvor, als er mir das Kartell übertrug, mir sein Ehrenwort gegeben, daß er niemals mit Männern geschlechtlich verkehrt hat. Ich ersuchte nun Herrn Harden, diesem Ehrenwort gegenüber eine bündige Erklärung abzugeben. Herr Harden antwortete mir, er würde glauben, sich selbst zu nahe zu treten, wenn er an diesem Ehrenwort zweifeln wollte. Dieses Ehrenwort eines Edelmanns und Offiziers ändere die ganze Sachlage. Ich bat um eine schriftliche Erklärung hierüber: Am nächsten Tage erhielt ich von Herrn Harden folgendes Schreiben: „Euer Hochgeboren hatten die Güte, mir mitzuteilen, daß Ihr Herr Vetter, Graf Kuno Moltke, mit seinem Ehrenwort Ihnen bekräftigt hat, er habe niemals mit männlichen Personen geschlechtlichen Umgang irgendwelcher Art gehabt. Auf diese Mitteilung erwidere ich gern, daß ich keinen Grund